Kirchbergers Woche:Rätsel um den Mann im Anzug

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Am neuen Freisinger Brückenheiligen scheiden sich die Geister. Manch einer sagt: Das ist Kunst, das kann passieren

Von Johann Kirchberger

Jetzt steht er da, der Herr mit dem Laptop und dem ungebügelten Boss-Anzug. Die Meinungen über die goldfarbene Figur mitten auf der Isarbrücke sind geteilt, die einen schimpfen, die anderen schütteln den Kopf, manche sagen auch, das ist Kunst, so was kann passieren. Jetzt braucht der Brückenheilige aus dem 3D-Drucker aber noch einen Namen, Bonifatius nämlich kann eigentlich nur der Arbeitstitel gewesen sein. Denn mit dem im siebten Jahrhundert geborenen Apostel der Deutschen hat die Figur ja nichts zu tun. Vorschläge bitte auf eine Karte schreiben und mit Angabe der Adresse in den Briefkasten an der Rathauspforte werfen. Vielleicht gibt es sogar was zu gewinnen.

Montags wurde früher gerne blau gemacht, sprich nicht gearbeitet. Schon um die neue Arbeitswoche langsam angehen zu lassen. In einigen Berufszweigen hat sich diese Tradition gehalten. Die Friseure etwa haben montags geschlossen, Wirte legen montags gerne einen Ruhetag ein, der Postbote wirft montags keine Briefe ein. Einige Metzger machen ihren Laden montags zumindest am Nachmittag zu. Diesen Montag nun war auch das Bürgerbüro der Stadt geschlossen. Nicht, weil die Bediensteten blau gemacht hätten, sondern weil die EDV streikte. Ob da jemand eine spezielle Software eingebaut hat? Wenn ja, dann sollte diese Software so programmiert werden, dass sie den Betrieb immer freitags stilllegt, wenn am Donnerstag gerade Feiertag war. Aber daran wird wohl noch gearbeitet.

Einbrecher, die in fremde Wohnungen eindringen, Liebhaber, die fremde Ehefrauen besuchen, die erkundigen sich zuvor gerne danach, ob die Luft rein ist. Der Vorsitzende des Bürgervereins hat am Montag seine Kollegen, die seit Wochen mit einem Messgerät unterwegs sind, auch gefragt, ob die Luft rein ist. Leider haben die ihm sagen müssen, dass die Luft in der Umgebung des Flughafens ganz und gar nicht rein ist, dass sie sogar enorm belastet ist mit Ultrafeinstaub. Weil man den aber nicht sieht und die FMG ihn nicht einmal messen kann, wird er von den Menschen im Flughafenumland einfach eingeatmet. Schon ist der Staub weg und die Luft wieder rein.

Es gibt aber auch Probleme, die man sehen kann, aber nicht sehen will. Die Echinger Verwaltung etwa wollte in das leer stehende Postgebäude an der Bahnhofstraße Obdachlose einquartieren. Obdachlose unterzubringen ist zwar eine Pflichtaufgabe der Gemeinde, aber der muss ja nicht an so prominenter Stelle mitten im Ortszentrum nachgekommen werden. Da will das Elend niemand sehen, schon gar nicht die Gemeinderäte. Vermutlich werden für die Obdachlosen jetzt Container angeschafft. Diese Lösung ist zwar teurer, Container haben aber den Vorteil, dass man sie irgendwo am Ortsrand verstecken kann.

Nicht mehr sehen können die Freisinger Stadträte den Bären in ihrem Stadtwappen. Er ist wirklich nicht besonders attraktiv und erinnert eher an einen Wolf, denn an einen Bären. Also muss ein neues Wappen her mit einem neuen Bären. Aber ob der jetzt den Kopf heben oder senken, in welche Richtung er schreiten und dabei seine Beine am Boden lassen soll oder nicht, das zu entscheiden, ist so einfach nicht. Nachdem sich schon eine Arbeitsgruppe mit dem Problem beschäftigt hat und ein Grafikbüro beauftragt worden ist, soll jetzt noch ein Wettbewerb ausgeschrieben werden. Danach werden die Stadträte entscheiden oder noch einmal beraten. Es geht ja um die Corporate Identity.

© SZ vom 03.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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