Kirchbergers Woche:Radler, auf nach Tölzkirchen

Lesezeit: 2 min

Von interessanten Verkehrsschwerpunkten im Landkreis Freising und anderen Spitzenideen

Von Johann Kirchberger

Hurra! Der Landkreis baut. Keine Sozialwohnungen, nein. Er baut im nächsten Jahr zwei neue Radwege entlang von Straßen, die als ausgesprochene Verkehrsschwerpunkte gelten. Einmal von Gammelsdorf nach Reichersdorf - für knapp 500 000 Euro - und einmal von Gründl nach Tölzkirchen, wofür noch nicht einmal 200 000 Euro aufgebracht werden müssen. Eine Verbindung von der es heißt, sie genieße im Radwegekonzept des Landkreises hohe Priorität. Möglicherweise wird jetzt nicht jeder gleich auf Anhieb wissen, wo sich diese Ortschaften befinden, aber das lässt sich googeln. Wie hoch wohl die Priorität für einen Radweg entlang der Schlüterbrücke in Freising ist? Weiß man nicht. Ob die Stadt Freising eine Prioritätenliste hat, weiß man auch nicht. Wahrscheinlich eher nicht. Denn sonst würde man nicht am Montag mit dem Ausbau der Straße "Gute Änger" beginnen und dabei auf einen Radweg komplett verzichten. Der Platz dafür wird nämlich anderweitig benötigt, zum Beispiel um hier beidseitig Autos parken zu lassen.

Natürlich könnte man jetzt einwenden, dass an dieser Straße gerade das Montessori-Schulzentrum errichtet wird, und daneben auch noch eine neue Realschule gebaut werden soll. Aber welcher Schüler fährt heutzutage noch Fahrrad? Schüler fahren Bus oder werden gebracht. Passend dazu finden wir den Aufruf von Landrat Josef Hauner, wonach sich möglichst viele Mitbürgerinnen und Mitbürger an der Aktion "Stadtradeln" beteiligen sollen. Um etwas für den Klimaschutz zu tun und ein deutliches Zeichen für mehr Radverkehr zu setzen. Wird schon gelingen, zumindest zwischen Gründl und Tölzkirchen.

Während Fahrräder auch bei intensivem Treten kaum Geräusche verursachen, ist das bei anderen Verkehrsmitteln etwas anders. Züge beispielsweise verursachen nach den neuesten Erkenntnissen des Eisenbahnbundesamts Fahr- und Bremsgeräusche. Deshalb und um die gesetzliche Grundlage für eine EU-Richtlinie gegen Eisenbahnlärm zu erfüllen, können jetzt auch die Landkreisbürger an einer Online-Befragung teilnehmen und mitteilen, ob und wie stark und überhaupt sie sich durch den Eisenbahnlärm belastet fühlen. Die Ergebnisse sollen dann in einen Lärmaktionsplan einfließen und alle fünf Jahre fortgeschrieben werden. Ist das nicht toll? Schließlich sollen auf der Grundlage dieser Betroffenheitsanalyse Maßnahmen angeregt werden, um die Lärmbelastung zu senken. Das könnte nach unseren Vorstellungen durch einen ganzjährigen Streik der Lokführer gelingen - oder bei einer Verlegung der Schienen unter die Erde. Falls sich jemand findet, der so etwas bezahlt.

Der Freistaat zahlt für gewöhnlich nicht so gerne, zumindest nicht freiwillig. Anders ist das beim G 7-Gipfel in Ellmau. Da werden schon mal - je nachdem, wer gerade rechnet - 130 bis 360 Millionen Euro locker gemacht. Damit schöne Bilder um die Welt gesendet werden können. Hat mal wer ausgerechnet, um wie viel man mit diesen Millionen das Gehalt der streikenden Erzieherinnen erhöhen könnte? Eine interessante Frage, die sich die aufgebrachten Eltern auf dem Freisinger Marienplatz sicherlich gestellt haben. Der Gipfel wird aber auch diejenigen erfreuen, die in den nächsten Tagen auf der A 92 und der A 9 unterwegs sind, beziehungsweise dort stehen. Die Glorreichen Sieben werden zwar im Hubschrauber befördert, ihr gesamter Tross aber fährt Auto, und auch der muss polizeilich geschützt und begleitet werden. Schon eine Spitzenidee, dieser Gipfel in den Bergen.

© SZ vom 06.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: