Kirchbergers Woche:Patentlösungen gibt es nicht

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Politikern fehlt oft der Mut zu gestehen, dass nicht alles immer so klappt wie erhofft

Von Johann Kirchberger

Politiker wollen nicht nur planen und bauen, sie wollen vor allem eröffnen, etwas freigeben, Bänder durchschneiden. Es gehört deshalb Mut dazu, öffentlich einzugestehen, dass heuer keines der großen, schönen und teuren Vorhaben der Stadt Freising fertig wird, so wie das jetzt Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher getan hat. Na klar, grundsätzlich ist alles auf einem guten Weg, aber es muss weiter geplant, abgestimmt und gebaut werden.

Der OB hat zugegeben, für einige Bereiche noch keine Lösungsvorschläge präsentieren zu können, Probleme unterschätzt zu haben. Etwa was den Umbau der Unterführung am ehemaligen Bahnposten 15 angeht oder die Pläne für ein Parkhaus im Westen der Innenstadt. Eschenbacher traut sich das. Wenn das Vöttinger Bürgerforum vor Gericht Erfolg haben sollte und der angestrebte Bürgerentscheid für ein Moratorium beim Bau der Westtangente für zulässig erklärt wird? Dann stimmen wir eben noch einmal ab, sagt er unaufgeregt.

Von seinen Zielen lässt sich der Freisinger OB dennoch nicht abbringen. Wenn Widerstände auftauchen, werden sie abgearbeitet, wird nach neuen, besseren Lösungen gesucht. Auch wenn es dann etwas länger dauert, bis ein Vorhaben realisiert ist. Eschenbacher weist keine Einwände zurück, er nimmt sie zur Kenntnis, verspricht, sie prüfen zu lassen. Er nimmt nicht für sich in Anspruch, ein Alleswisser zu sein. Das macht ihn sympathisch.

Spätestens 2020 aber muss etwas fertig sein in Freising. Schließlich will Eschenbacher wiedergewählt werden. Bisher stehen seine Chancen nicht schlecht. Seine legere Art, sein souveräner Umgang mit Problemen kommen gut an, deshalb ist wohl niemand in Sicht, der auch nur versuchen würde, sich als Gegenkandidat zu profilieren. Wie auch, das Wahlvolk, so scheint es, ist mit seinem jungen OB zufrieden.

Dass nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird, zeigt sich immer wieder mal. So war die Aufregung im vergangenen Jahr groß, als es die Runde machte, die Anlieger verschiedener Gassen am unteren Ende der Hauptstraße müssten sich mit bis zu 70 Prozent an den Ausbaukosten für die Neugestaltung der Freisinger Innenstadt beteiligen. Eine Bürgerinitiative gründete sich und machte Druck, die Stadtverwaltung verwies auf die Gesetzeslage, die keinen Spielraum zulasse, verhandelte aber mit dem Landratsamt. Und siehe da, die Anlieger müssen jetzt nur noch 45 Prozent, vielleicht sogar nur 40 Prozent der Kosten übernehmen. Trotzdem, es bleibt ein ständiges Ärgernis, wenn beim Ausbau von Straßen stets die Anlieger herangezogen werden, von Straßen, die alle Bürger benutzen. Zumal es für den Wert eines Hauses unerheblich ist, ob die vorbeiführende Straße gepflastert oder asphaltiert, niveaugleich ausgebaut oder mit einem Fußweg ausgestattet ist.

Unbestritten ist, dass vom Ausbau der Straßen nicht nur Anlieger profitieren, sondern alle Bürger. Deshalb sollten alle, in welcher Form auch immer, an den Kosten beteiligt werden. Die geltende Straßenausbaubeitragssatzung steht dem entgegen. Sie ist ungerecht und entlastet nur die Kommunen finanziell. Deshalb ist es gut, wenn sich demnächst der Landtag mit diesem Problem beschäftigt. Eine Entlastung der Hausbesitzer darf sich aber so schnell niemand erwarten. Denn wenn es darum geht, den Leuten Geld aus der Tasche zu ziehen, sind Politiker sehr erfinderisch.

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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