Kirchbergers Woche:Nichts bleibt, wie es war

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Viele Menschen mögen keine Veränderungen - aufhalten können sie die Entwicklung nicht

Von Johann Kirchberger

So vergeht Jahr um Jahr und es ist mir längst klar, dass nichts bleibt, dass nichts bleibt wie es war." So sang einst der Barde Hannes Wader, und je älter einer wird, umso mehr wird er diesem Songtext zustimmen. Umfragen zufolge wünschen sich die meisten Leute keine Veränderungen, egal ob sie nun schleichend oder urplötzlich daher kommen. Doch ob man will oder nicht, über Veränderungen kann man zwar klagen, aber sie lassen sich nicht aufhalten und man kann sich in der Regel nur schwer dagegen wehren.

So muss man sich notgedrungen damit abfinden, dass Personen, mit denen man es jahrelang zu tun hatte, die einem vertraut waren, plötzlich nicht mehr da sind. Mir nichts, dir nichts gehen Haus-, Augen- und Zahnärzte, Orthopäden, Optiker, Friseure, Anwälte, Versicherungsvertreter, Steuerberater oder Wirte in den Ruhestand. Der sei ihnen vergönnt, trotzdem ist es nicht schön, sich ständig an neue Gesichter gewöhnen und sich auf deren junge Nachfolger einstellen zu müssen. Aber nicht nur Menschen, auch lieb gewordene Einrichtungen verschwinden mehr oder weniger plötzlich, werden ersetzt oder auch nicht. Es sind nicht nur die Kinos, von denen es in Freising einst so viele gab, die einem fehlen, es sind auch die verschiedenen Kneipen, in denen man früher seine Nächte verbrachte und die nun entweder ganz verschwunden sind oder Namen haben, die einem völlig unbekannt sind und wohl auch fürderhin unbekannt bleiben werden.

Auch das Freisinger Schwimmbad wird bald Geschichte sein, am 20. August kommt es zur Abschiedsvorstellung mit einem - wie passend - Abschwimmen samt Sautrogrennen. Danach werden Damen- und Herrenbecken herausgerissen. Die hölzernen Mietkabinen, in denen Stammgäste über Jahrzehnte ihre Liegen, Decken, Handtücher, Reservekleidung und Getränke aufbewahrten, sind bereits verschwunden. Einige ältere Freisinger, die sich vorübergehend in die Umkleidekabinen unter dem Sprungturm retten konnten, haben jetzt heftig dagegen protestiert, dass ihnen die Stadtwerke auch noch diese kleinen Betonbunker wegnehmen wollen. Ja, sie drohen sogar damit, gar nicht mehr ins Schwimmbad zu gehen, wenn sie sich künftig nur noch in Wechselkabinen umziehen dürfen.

Ob so oder so, ins Schwimmbad werden sie bald eh nicht mehr gehen können, weil das neue Hallenfreierlebnisspaßbad in Lerchenfeld einmal Fresch heißen soll. So zumindest lautet der auserwählte Name, der für "Freisinger Erlebnis Schwimmbad" steht, wobei das Erlebnis für die Namensabkürzung eigentlich überflüssig gewesen wäre. Ob die Freisinger künftig tatsächlich einmal ins Fresch und nicht mehr ins Schwimmbad gehen werden?

Den Revoluzzern in Bikini und Badehose dürfte das egal sein. Namen kann man ignorieren, den Makel der fehlenden Mietkabinen nicht, auch wenn der Hinweis der Stadtwerke logisch erscheint, dass einzelne Besucher nicht in Straßenkleidung durch die Schwimmhalle gehen könnten, um sich dann unter dem Sprungturm umzuziehen. Mit Logik kommt man aber nicht weit, wenn Menschen sich an ihre Gewohnheitsrechte klammern. Mit alten Erinnerungsfotos auch nicht, selbst wenn für das schönste Foto 50 Euro ausgelobt werden. Ein wenig Trost spenden mag vielleicht eine andere Passage aus dem Song von Hannes Wader: "Denn was neu ist, wird alt und was gestern noch galt, stimmt schon heut oder morgen nicht mehr."

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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