Kirchbergers Woche:Nichts als Gerüchte

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Oft entbehren sie zwar jeglicher Grundlage, die Leute glauben Gerüchten aber trotzdem mehr als der Wahrheit, vor allem wenn sie sich durch die kursierenden Nachrichten in ihren Vorurteilen bestätigt fühlen

Gerüchte machen schnell die Runde, im Zeitalter des Internets noch mehr als früher. Oft entbehren sie zwar jeglicher Grundlage, die Leute glauben Gerüchten aber trotzdem mehr als der Wahrheit, vor allem wenn sie sich durch die kursierenden Nachrichten in ihren Vorurteilen bestätigt fühlen. So wird gerne mal verbreitet, dass Flüchtlingen das Geld vorne und hinten rein gesteckt wird, etwa damit sie in der Freisinger Edel-Boutique Rentabel einkaufen können. Gerne behauptet wird auch, Asylbewerber dürften sich auf Kosten des Landkreises bei Freisings Fahrradhändlern teure Mountainbikes aussuchen, bekämen bei ihrer Ankunft Smartphones geschenkt und würden in Luxus-Wohnungen untergebracht.

Ein anderes Gerücht besagt, die Menschen im Landkreis würden immer kränker. Als Beweis wird angeführt, dass heuer die Zahl der stationär behandelten Patienten im Krankenhaus von 18 000 auf über 19 000 angestiegen ist. Manche Gerüchte werden von den zuständigen Stellen aber auch ganz schnell als haltlos enttarnt. Etwa dass deutsche Autohersteller Motoren manipuliert hätten, um den Eindruck zu erwecken, Dieselfahrzeuge seien ganz besonders umweltfreundlich. Dieses Gerücht haben die Freisinger Stadtwerken natürlich nicht geglaubt. Deshalb haben sie ein Freisinger Busunternehmen ausdrücklich aufgefordert, 15 neue Busse für den Stadtverkehr anzuschaffen und sie mit Dieselmotoren auszustatten. Mit modernster Technik eben, ungeachtet anderslautender Berichte. Schließlich ist es wichtig, etwas für den Klimaschutz zu tun und jeden unnötigen Schadstoffausstoß zu vermeiden.

Als nur teilweise wahr herausgestellt hat sich das Gerücht, ein Münchner Universitätsprofessor wolle in Rudelzhausen auf einer Fläche von 5000 Quadratmetern ein Heim für Flüchtlinge errichten. Der Herr Professor hat nämlich nicht an ein Heim für Syrien-Flüchtlinge gedacht, sondern ausdrücklich an eines für deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volkszugehörige, Vertriebene, Heimatvertriebene, Sowjetzonenflüchtlinge und Spätaussiedler. Das kam dem Gemeinderat sehr merkwürdig vor, und er hat das Gesuch abgelehnt. Das Landratsamt, ständig auf der Suche nach Flüchtlingsunterkünften, teilte diese Bedenken nicht und stimmte zu. Jetzt muss ein Gericht entscheiden.

Das im Sommer verbreitete Gerücht, es stehe ein Jahrhundertwinter ins Haus - nicht weil die Indianer so viel Holz machten, sondern weil der Besitzer einer Wetterkerze es prophezeit hat - ist offensichtlich unwahr. Wahr sein soll allerdings, dass das Christkind vor der Tür steht und schon an diesem Abend Geschenke verteilt. Was an dem Gerücht dran ist, es müsse mit einer schlimmen Hungersnot gerechnet werden, wird sich noch zeigen. Die meisten Freisinger haben sich jedenfalls vorsichtshalber eingedeckt und die Supermärkte leer gekauft. Gänse, Enten, Schweinshaxn und Knödelbrot sollen besonders gefragt gewesen sein.

Kein Gerücht, sondern Tatsache ist, dass es nach der staaden Zeit wieder ruhiger wird. Besonders ruhig wird es in den Amtsstuben der Stadtverwaltung, die bis Heiligdreikönig auf Notbetrieb umstellt. Auch Stadtwerke und Handwerker haben nur noch Notdienste im Einsatz, obwohl doch an Feiertagen besonders gerne Wasserleitungen platzen, Abflussrohre verstopfen und Geschirrspüler ihren Geist aufgeben. Kann aber auch ein Gerücht sein: frohes Fest.

© SZ vom 24.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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