Kirchbergers Woche:Next Generation muckt auf

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Nicht nur Senioren protestieren gegen die dritte Startbahn

Von Johann Kirchberger

Er ist zwar bisher noch nie von seiner Aussage abgewichen, nur bei einem signifikanten Anstieg der Flugbewegungen über einen längeren Zeitpunkt ein Ratsbegehren zum Bau einer dritten Startbahn einleiten zu wollen, trotzdem trauen die Protagonisten von "Aufgemuckt" dem Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter nicht so recht. Zum einen, weil man nicht so genau weiß, was er unter einem signifikanten Anstieg versteht, zum anderen, weil auch Ministerpräsident Horst Seehofer sich 2015 in Attaching so ähnlich ausgedrückt hat und dann plötzlich aufgrund von nicht näher definierten Prognosen doch umgeschwenkt ist und das Münchner Rathaus aufgefordert hat, jetzt ganz schnell ein Ratsbegehren einzuleiten. Bekannt ist auch, dass Teile der CSU-Landtagsfraktion der Meinung sind, die Stadt München ließe sich mit großzügigen Zuschüssen für Großprojekte "einkaufen" und gefügig machen. Politik nach Gutsherrenart nennt man so etwas wohl.

Auch die Freundschaft zwischen Flughafenchef Michael Kerkloh und OB Reiter macht die Startbahngegner misstrauisch. Die beiden spielen ja bekanntlich sogar in einer Band zusammen, die sich Next Generation nennt. Mit dabei ist übrigens auch noch Wolfgang Heckl, der Generaldirektor des Deutschen Museums, und dort wären die Startbahnpläne bestimmt einmal gut aufgehoben. Aber das ist Zukunftsmusik, vorerst schwebt das Damoklesschwert weiter über Freising und den übrigen Flughafenanrainern. Momentan allerdings fühlen sich Reiter und die Münchner SPD - noch - an den Bürgerentscheid von 2012 gebunden, und damit liegen die Startbahnpläne zum Ärger der CSU weiterhin auf Eis. Doch Eis kann schmelzen. Daher rüsten sich Bürgerinitiativen, Bund Naturschutz, Schutzgemeinschaft und die anderen Aktivisten, um im Falle des Falles einem Ratsbegehren des Münchner Stadtrats rasch Paroli bieten zu können. Mit Herz und großem Einsatz wollen sie gegen die Millionen der Flughafenbetreiber und der bayerischen Wirtschaft kämpfen. Und weil dies schon einmal so gut geklappt hat, sind die "Aufgemuckten" recht zuversichtlich, die Mehrheit der Münchner auch bei einer erneuten Abstimmung auf ihre Seite zu ziehen.

Es ist nun schon gut drei Jahre her, da hat sich Kerkloh in einem Spiegel-Interview darüber ausgelassen, dass vorwiegend die Rentnergeneration gegen den Bau der Startbahn protestiere, die nicht mehr darauf angewiesen sei, dass das Land auch noch in 50 Jahren funktioniere. Gemünzt war das vor allem auf den damaligen "Aufgemuckt"-Sprecher Hartmut Binner. Der aber hat sein Amt inzwischen in jüngere Hände gelegt, und wenn sich der Flughafenchef vergangenen Sonntag den Freisinger Lichterzeichenmarsch angesehen hätte, bei dem die Startbahngegner mehrmals im Jahr bei Wind und Wetter mit Banner und Mahnglocke durch die Stadt ziehen, wäre ihm aufgefallen, dass da besonders viele junge Leute mitmarschierten und für die Bewahrung der Schöpfung eintraten. Organisiert wurde der Marsch nämlich von der katholischen und der evangelischen Jugend, der "Next Generation" also, die sehr wohl daran interessiert ist, dass Natur und Landschaft nicht unwiederbringlich zerstört werden. Von Leuten, die selbst schon bald das Rentenalter erreicht haben werden.

© SZ vom 11.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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