Kirchbergers Woche:Mit Brezn auf Stimmenfang

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Die Bundestagskandidaten bemühen sich, immer und überall präsent zu sein

Von Johann Kirchberger

Es war in den Achtzigerjahren, als im Zusammenhang mit einem Umbau der Innenstadt in der Oberen Hauptstraße - ja, das gab es damals auch schon - im Stadtrat diskutiert wurde, das Kriegerdenkmal um ein paar Meter zu verlegen. Aus verkehrstechnischen Gründen. Den Stadtfischer, VdK-Vorsitzenden und Stadtrat Peter Baumgartner, brachte das auf die Palme. "Das Kriegerdenkmal verlegen, Pfui Deife", rief er in die Runde. Wie gesagt, es ging damals nur um ein paar Meter.

Jetzt hat Stadtrat Reinhard Fiedler einen viel weiter gehenden Vorschlag gemacht. Er will das Kriegerdenkmal an den Fürstendamm verlegen und dafür den Freisinger Mohren in die Obere Hauptstraße holen. Angeblich, weil dem Kriegerdenkmal am alten Standort nicht der nötige Respekt entgegengebracht wird, weil der Brunnen rund um den Obelisken zur Abfallentsorgung oder zur Getränkekühlung missbraucht wird. So was aber auch. Da soll sich der gute Reinhard Fiedler mal am Fürstendamm umsehen, was dort rund um den Mohren alles an Unrat hinterlassen wird.

Beim Volksfest wurde heuer weniger Bier als in früheren Jahren getrunken. Nicht einmal mehr 1000 Hektoliter haben die Freisinger geschafft. Aber sollen wir uns deswegen schämen? Der Festwirt gibt dem Wetter und den falschen Wetterprognosen die Schuld für den geringeren Bierumsatz. Mag sein. Vielleicht aber haben die Freisinger nur das Motto der bundesweiten Aktionswoche Alkohol beherzigt: "Alkohol? Weniger ist besser!"

Es ist immer wieder schön zu beobachten, welche Mühe sich vor Wahlen die Parteien geben, um unsere Stimmen zu bekommen. Da werden Brezn verteilt, da wird politische Prominenz angeschleppt, da werden Versprechungen gemacht, da werden mehr oder weniger einfallsreiche Plakate aufgehängt und es werden Infostände aufgebaut. Ob solche Aktionen etwas bringen, ob es Menschen gibt, die sich davon beeinflussen lassen und sich nur deshalb für eine Partei entscheiden, weil der Kandidat sein Wahlprogramm so überzeugend verteilt hat, ist eine andere Sache. Gleichwohl bemühen sich alle Kandidaten, immer und überall präsent zu sein, schon um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, Wahlkampf ausschließlich ihren Spitzenkandidaten in den Talkshows der Fernsehsender zu überlassen.

Insbesondere samstags ist deshalb in der Freisinger Innenstadt rund um den Marienplatz Großkampftag. Seit an Seit stehen die Vertreter der Parteien, teilweise unter Partyzelten, teilweise unter Sonnenschirmen, versuchen mit den Leuten ins Gespräch zu kommen und ihre Flyer zu verteilen. Manche Wochenmarktbesucher ignorieren die Annäherungsversuche, andere lassen sich in ein Gespräch verwickeln und stecken die überreichten Papiere brav ein, um sie, so steht zu vermuten, dann daheim zu entsorgen. Was Infostände besonders attraktiv macht, das könnte wohl nur mit einer wissenschaftlichen Untersuchung ermittelt werden. Diese Mühe hat sich aber in unserer kleinen Stadt noch keiner gemacht. Rein optisch gesehen hat sich am vergangenen Samstag jedoch der Stand der Linken einen Sonderpreis verdient. Der rote Hut, mit dem Kandidat Guido Hoyer aufgetreten ist, der war einfach Spitze.

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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