Kirchbergers Woche:Man muss nicht alles verstehen

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Über den tieferen, aber nicht immer gleich ersichtlichen Sinn interessanter Hygienevorschriften

Kolumne von Johann Kirchberger

Jetzt, da wir Bayern alle Champions sind und unsere Gesundheitsministerin von ihrem Freisinger Nachhilfelehrer Florian Herrmann gerade beigebracht bekommt, wie man mit Zettel und Bleistift genauso schnell exceln kann wie ein haushaltsüblicher Computer, haben wir endlich wieder Zeit für die Probleme des Alltags. In unserer losen Reihe "Unsinnige Vorschriften und Anordnungen" beschäftigen wir uns daher heute aus gegebenem Anlass mit Corona und der Maskenpflicht.

Dass man in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Geschäften einen Mund- und Nasenschutz trägt, hat inzwischen schon fast jeder verinnerlicht. Warum aber während des Wochenmarkts in der Luitpoldanlage das gesamte Gelände, größer als ein Fußballplatz, auf Anordnung der Stadt nur maskiert betreten werden darf, ist auf den ersten Blick nicht so recht nachvollziehbar. Gleichwohl droht die städtische Maskenpolizei damit, jeden des fast leeren Platzes zu verweisen, der sich durch das Zeigen von Mund und Nase zu erkennen gibt. Eine Vorsichtsmaßnahme, schließlich könnte ein Unmaskierter plötzlich von einem so heftigen Niesanfall geplagt werden, dass seine Aerosole 50 Meter weit durch die Luft fliegen.

In der Innenstadt ist das anders. Dort, wo man sich auf den schmalen Wegen zwischen den Baustellen auf engstem Raum begegnet und aneinander vorbeischiebt, dort gibt es schon deshalb keine Maskenpflicht, weil ja auch die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können. Aber aufgepasst, wer sich in eine Warteschlange vor einem Geschäft einreiht, muss einen Stofflappen vor sein Gesicht halten. Dafür darf man in und außerhalb von Gaststätten jetzt wieder fröhlich und unmaskiert zusammensitzen. Wer jedoch aufsteht, um das Lokal zu verlassen, muss unverzüglich den Mund- und Nasenschutz anlegen. Das leuchtet ein.

Nicht so recht verstehen kann man jedoch, warum den Fußball-Amateurvereinen zwar Testspiele - nur gegen bayerische Gegner - erlaubt sind, Punktspiele aber vorerst einmal nicht. Ganz gleich, ob Corona den Unterschied zwischen Pflicht und Kür kennt, gibt es im Sport auch allerhand interessante Hygienevorschriften. Die sehen unter anderem vor, nach Training und Spiel nicht zu duschen, sondern in verschwitzten Trikots nach Hause zu fahren. In Fitness-Studios ist das Duschen erlaubt. Logisch, oder? Zuschauer sind bei Fußballspielen aktuell ausgeschlossen. Auch wenn es, ohne irgendwelche Abstandsregeln zu verletzen, kein Problem wäre, 100 oder 200 Menschen im Stadionrund zu verteilen. Leichter, als in einem vollbesetzten Flugzeug auf Distanz zu gehen.

Aber man muss nicht alles verstehen, und im Übrigen gilt auch im Leben mit Corona: Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Die Packungsbeilage zu Corona, das ist die Sechste Bayerische Infektionsschutzmaßnahmeverordnung (6. BayIfSMV). Weil die in die Kategorie "schwere Sprache" fällt, hat die Staatsregierung auch ein Informationsblatt "in einfacher Sprache" herausgegeben, abzurufen auf der Homepage des Landratsamts. Da erfährt man zum Beispiel, dass die Abkürzung von Mund-Nasen-Schutz MNS ist und man zu einem MNS auch Maske sagen kann. Und noch etwas erfährt man: Eine MNS ist auch in einem Auto erforderlich, das von einem Chauffeur gefahren wird. Chauffeur spricht man Scho-föhr, wird informiert. Muss man ja wissen, so was.

© SZ vom 29.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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