Kirchbergers Woche:Ins Gewissen reden

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Erich Irlstorfer ist im Wahlkampf eifrig unterwegs, in Attaching aber lässt er sich nicht blicken

Von Johann Kirchberger

Wo ist er nur, der Erich Irlstorfer, was macht er bloß? In Attaching, bei den Startbahngegnern war er offensichtlich schon so lange nicht mehr, dass die in Berlin nach ihm fahnden lassen wollen. Aber keine Angst, er ist eifrig unterwegs in seinem Wahlkreis, nur eben nicht in Attaching. So ein CSU-Bundesstagskandidat hat eben viel zu tun. Beim Dellnhauser Volksmusikfest war er, beim Schrobenhausener Volksfest und am Montag hatte er in Münchsmünster sogar einen gemeinsamen Wahlkampfauftritt mit Erwin Huber. Jenem Huber, der das Erdinger Moos zubetonieren und der Stadt München die Daumenschrauben anlegen will, damit die dem Bau der dritten Startbahn zustimmt. Umgehend, sofort, zumindest aber noch in diesem Jahr. Sonst, so droht er, werde er zusammen mit der CSU-Landtagsfraktion dafür sorgen, dass die Flughafen GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wird, und dann braucht es keine Bürger mehr, zumindest keine, die mitentscheiden wollen, dann rollen die Bagger an. Und spätestens dann, glaubt bekanntlich sein Parteifreund Thomas Kreuzer, werden sich diese aufmuckenden Bürger schon wieder beruhigen.

Da muss man ja direkt froh sein, dass Finanzminister Söder und Ministerpräsident Seehofer auf die Bremse treten und sich zumindest den Anschein geben, auf ihre Bürger hören zu wollen. Ob Irlstorfer dem Erwin Huber in Münchsmünster ins Gewissen geredet hat? Öffentlich ja nicht, aber heimlich und hinter den Kulissen? Als gestandener Oberbayer wird er mit ihm ja wohl fertig werden oder?

Längst fertig sein sollte die Neufahrner Grundschule am Fürholzer Weg. Doch Pleiten, Pech und Pannen haben das verhindert. Erst sorgte ein Vermessungsfehler dafür, dass das Gebäude jetzt einen halben Meter tiefer im Boden liegt als geplant, dann gab es einen Wasserschaden, die eingebauten Türen waren zu schmal, Dämmplatten wurden nicht richtig angebracht und so ging es munter weiter, Fehler reihten sich an Fehler. Wie durch ein Wunder konnten die Kinder dann im Herbst des vergangenen Jahres - nur ein Jahr später als geplant - doch die Räume beziehen. Fertig ist die Schule aber auch jetzt noch nicht, immer noch sieht es aus wie auf einer Baustelle. Sage und schreibe 654 Mängel wurden festgestellt, erst 67 Prozent davon sind beseitigt. Ob, wie und wann nachgebessert wird, und vor allem auf wessen Kosten, ist völlig offen. Einige Pfuschfirmen sind nämlich inzwischen insolvent, andere verhielten sich destruktiv, klagt der Architekt und vermisst den früher einmal geltenden handwerklichen Ethos. So ist das eben, wenn Großprojekte wie ein 18 Millionen Euro teurer Schulbau europaweit ausgeschrieben werden müssen und dann der billigste Anbieter zum Zuge kommt. Der nämlich beschäftigt Subunternehmer, und der wieder Subunternehmer und am Ende einer langen Kette weiß niemand mehr, wer da eigentlich was verbockt hat.

Könnte alles vermieden werden, müssten sich Städte und Gemeinden nicht an diese unsäglichen Vergaberichtlinien halten und könnten Aufträge an örtliche Firmen vergeben, die schon aus Gründen ihrer Reputation auf eine ordentliche Ausführung bedacht wären. Nebenbei bemerkt, ortsansässige Firmen zahlen auch Gewerbesteuer in die Gemeindekasse.

© SZ vom 22.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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