Kirchbergers Woche:Hoffen auf Weihnachten

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Kommt die dritte Startbahn vielleicht doch nicht?

Von Johann Kirchberger

Mit Ausnahme von Flughafenchef Michael Kerkloh, der erst neulich wieder verkündet hat, der Bau der dritten Startbahn stehe unmittelbar bevor, glaubt dies eigentlich niemand so recht. Zum einen, weil das ohne die Stadt München nicht geht, und die fühlt sich nach wie vor an den Bürgerentscheid gebunden. Zum anderen, weil Ministerpräsident Horst Seehofer sich der Sache angenommen hat, und angeblich sorgfältig prüft, überlegt und abwägt. Völlig ergebnisoffen, wie er betont, führe er Gespräche mit allen Beteiligten. Und alle, die bisher bei ihm zu Gast waren, glauben ihm das. Die Sprecher von Aufgemuckt, von Plane Stupid, von der Schutzgemeinschaft, von Städten und Landkreisen, Abgeordnete, die Vertreter der Landtagsopposition, alle waren anschließend fast ein wenig euphorisch.

Seehofer habe sich viel Zeit genommen, habe sich alle Argumente angehört, sei sehr offen und nachdenklich gewesen. Nach Attaching will er noch kommen, auch wenn ihn derzeit die Flüchtlingssituation mehr umtreiben dürfte als die Startbahnpläne. Dass Seehofer die Pläne der Flughafen GmbH ganz begraben wird, glaubt trotzdem niemand so recht, was angesichts des Widerstands innerhalb seiner CSU auch nicht so recht vorstellbar ist. Schon wahrscheinlicher ist da ein Moratorium, heißt, die Pläne für den Bau einer dritten Startbahn ruhen zu lassen und erst dann wieder aus den Schubläden zu holen, wenn sich die Flugbewegungen gravierend und nachhaltig nach oben bewegen, also ein tatsächlicher Bedarf nachgewiesen werden kann. Eine Steigerung um 1,1 Prozent reicht da nicht aus. So ähnlich also, wie sich bisher auch der Münchner Oberbürgermeister ausgedrückt hat.

Das weiß wohl auch die FMG, dass sie die Flugbewegungen steigern muss. Schon 2011 wurde eine Vereinbarung bekannt, wonach sich die Lufthansa gegenüber der FMG verpflichtet hat, mehr Flugverkehr nach München zu lotsen. Von bestelltem Wachstum war seinerzeit die Rede. Kürzlich wurden Pläne von Ryanair bekannt, wonach der Billigflieger künftig auch das Erdinger Moos ansteuern will und bereits über die Höhe der Landegebühren verhandle. Die mögen zwar niedriger ausfallen als für andere Fluggesellschaften, aber was tut man nicht alles, um seine Ziele durchzusetzen. Stutzig macht in diesem Zusammenhang nur, dass Kerkloh mehrfach betont hat, die dritte Startbahn werde jetzt gebaut oder nie. Jetzt, das wird wohl nicht klappen, so viel scheint sicher. Also nie?

Ein Moratorium könnte also, wenn der Flughafenchef seine Aussage ernst gemeint hat, das Ende aller Expansionspläne sein. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Für die Anlieger wäre eine Pause zwar ein großer Erfolg, aber nur bedingt. Denn das Damoklesschwert würde weiterhin über ihnen schweben. Die Ausweisung neuer Bauflächen im Süden der Stadt Freising etwa würde schwierig bleiben, müssen die Menschen, die sich dort ansiedeln wollten, doch weiterhin mit der Angst leben, einmal direkt überflogen zu werden. Aber vielleicht beschert Seehofer der Domstadt ja auch eine Weihnachtsüberraschung. Wer weiß.

Eine tolle Weihnachtsidee hat Aufgemuckt-Sprecherin Doris Kraeker in Facebook verbreitet. "Lasst uns dieses Jahr alle Weihnachtsgeschenke bei kleineren lokalen Geschäften und Selbständigen kaufen", heißt es da. "Unterstützt eure umliegende Gemeinschaft. Ihr habt es in der Hand, ob Innenstädte bunt gemischt und individuell bleiben oder bald nur noch von Großkonzernen geprägt werden, die unter fragwürdigen Bedingungen produzieren". Sollte eigentlich gar nicht so schwer sein, diesen Wunsch zu erfüllen.

© SZ vom 17.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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