Kirchbergers Woche:Hauptsache die Kasse stimmt

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Wenn Bärlinge den Geldbeutel füllen und andere mit Altpapier den Reibach machen

Von Johann Kirchberger

Zugegeben, es ist gibt verrücktere Dinge als den Bärling, dieses Regionalgeld für Freising. Aber angeblich profitieren ja alle Bürger in der Region und die heimische Wirtschaft vom Bärling, wie uns die Initiatoren glaubhaft machen. Beim Uferlos-Festival akzeptieren 90 Prozent der Standlbesitzer die Wertgutscheine, wird versprochen. So eine Freude aber auch. Allerdings kann vielleicht nicht jeder auf Anhieb verstehen, warum er erst eine Wechselstube aufsuchen und seine schönen Euro gegen Bärlinge eintauschen soll, um damit dann sein Bier und seine Brotzeit zu bezahlen. Billiger wird dadurch ja nichts für ihn. Aber das Geld bleibt im Umlauf, bleibt in der Region, heißt es. Damit das klappt, muss freilich jeder Standlbesitzer versuchen, seine Bärlinge möglichst schnell wieder auszugeben. Er kauft sich also bei anderen Standlbesitzern Hüte, Sonnenbrillen und andere praktische Dinge, oder lässt sich die Haare schneiden, wenn's sein muss mehrmals. Schließlich muss er ja unentwegt einkaufen, muss ständig konsumieren, sonst bleiben ihm die Bärlinge über und er muss sie zurücktauschen, was er beim Uferlos ausnahmsweise kann, ohne wie sonst ein paar Prozent draufzuzahlen. Er kann aber natürlich seine Gutscheine auch behalten und versuchen, sie bei einer der 32 Akzeptanzstellen im Landkreis wieder ausgeben. Also jede Woche rasieren, massieren, Gemüse kaufen oder sich etwas schneidern lassen. Hauptsache der Bärling bleibt im Umlauf, damit die Region profitiert - irgendwie. Wohlmeinende Finanzberater geben gerne die Empfehlung, nur solche Geschäfte zu tätigen, die man auch versteht. So ein Banause wie unsereins zahlt sein Bier deshalb vorsichtshalber wie gewohnt mit dem Euro, so lange es den noch gibt. Ist weniger stressig und nicht so kompliziert. Aber wer lieber mit dem Bärling zahlen will, nur zu.

Neben leeren Flaschen war es bisher das Altpapier, das von den Landkreisbürgern gerne gesammelt und in Container geworfen wurde. 140 Sammelstellen gibt oder besser gesagt, gab es. Die aber will der Landkreis jetzt auf 15 reduzieren. Zum einen, weil das Sammelgut zuletzt weniger geworden ist, zum anderen, weil sich mit Altpapier derzeit angeblich nichts mehr verdienen lässt. Vereine und Kirchen sammeln zwar weiter und auch die Entsorgungsfirma Heinz, die auf Antrag Papiertonnen kostenlos vor die Haustür stellt, kann offensichtlich mit Altpapier noch etwas verdienen. Der Landkreis nicht mehr. Das mag verstehen wer will. Was ist eigentlich, wenn der Preis für das Altpapier wieder steigt? Dann, so vermuten wir, werden die Container für den wertvollen Sekundärrohstoff wieder aufgestellt, falls sie nicht zwischenzeitlich entsorgt worden sind. Und die Bürger werden angewiesen, ja kein Papier mehr in die Restmülltonne zu werfen, weil das ganz und gar nicht nachhaltig ist. Geld regiert die Welt und prägt das Öko-Verhalten.

Dass auch die Stadt keinen Euro liegen lässt, ist bekannt. So wurde jetzt eine Baufirma beauftragt, im Unteren Graben Abwasserrohre auszutauschen. Weil dort aber wegen der Enge der Gasse kein Baulager eingerichtet werden kann, hat die Stadt der Firma die Hälfte der Biberstraße vermietet, gegen eine saftige Gebühr. Damit fallen nun zwar jede Menge Kurzzeitparkplätze weg, die Anwohner müssen schon am Morgen Baulärm ertragen und Lieferfahrzeuge haben ihre Mühe und Not, in die Kammergasse und von da in die Weizengasse abzubiegen. Macht aber nichts. Die Kasse stimmt.

© SZ vom 16.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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