Kirchbergers Woche:Grüne Wiesen in Freising

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In den Clemensängern bleibt alles beim Alten

Von Johann Kirchberger

Transgourmet kommt also nicht. Ob das nun gut oder schlecht ist für Freising, sei dahingestellt. Recht fadenscheinig ist allerdings die Folgerung, das Gewerbegebiet müsse nun eben anderweitig, kleinteilig vermarktet werden. Das nämlich wird seit über 20 Jahren versucht, mit recht bescheidenem Erfolg. Die üblichen Verdächtigen, Verbrauchermärkte also, die sich in jedem Gewerbegebiet ansiedeln, sind alle schon da und die Handwerksbetriebe, die aus der Innenstadt in die Clemensänger umziehen wollen, gibt es nicht. Das heißt, wollen täten einige vielleicht schon, aber die Grundstückspreise dort sind ihnen schlichtweg zu hoch. Erst kürzlich hat Kreishandwerksmeister Martin Reiter betont, dass aufgelassene Bauernhöfe bei expansionswilligen Betrieben weit höher im Kurs stünden als das Gewerbegebiet. Bleibt also alles, wie es war. Neue Betriebe siedeln sich in Hallbergmoos an, in Freising erfreut man sich an grünen Wiesen. In Hallbergmoos klingeln die Kassen, in Freising wachsen die Schulden. Auch weil in der Domstadt die Millionen in den Straßenbau investiert werden.

Dabei sorgt sich die Stadt Freising derzeit gar nicht um ihre Schulden, sondern um das Geld auf ihren Konten. 70 Millionen Euro liegen dort, hat Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher erzählt, die aber sind reserviert für Projekte wie die Westtangente, das Geld ist praktisch schon ausgegeben, nur noch nicht abgerufen. Früher hätte sich die Stadt über solche Rückstellungen sehr gefreut und ein nettes Sümmchen an Zinsen eingestrichen. Heutzutage aber gibt es keine Zinsen mehr, ja es droht sogar ein Strafzins. Die Stadt habe deshalb schon dem Landkreis angeboten, vorab einen Teil der Kreisumlage zu überweisen. Der Landkreis habe das aber laut Eschenbacher abgelehnt, weil er sonst das Problem mit zu viel Geld auf den Konten gehabt hätte. Wenn jetzt partout niemand die Millionen haben will, wir täten sie vielleicht schon nehmen und sie nicht gänzlich ausschlagen.

Ausgeschlagen hat dafür jetzt Hartmut Binner, die Ikone der Startbahngegner, die Hand von Finanz- und Heimatminister Markus Söder. Der nämlich ist, wie Binner beim "politischen Erntedank" in Helfenbrunn klar machte, in seinen Augen kein Heimatminister, sondern ein Heimatzerstörer. Zum ersten Mal in seinem Leben habe er einem Menschen den Handschlag verweigert, sagte Binner. Auch Ministerpräsident Seehofer würde er derzeit wohl nicht mehr die Hand reichen, obwohl er bisher immer auf den Dialog mit den Mächtigen des Freistaats gesetzt hatte. Aber seit der jüngsten Regierungserklärung Seehofers ist alles anders, er habe keinen Gesprächsbedarf mehr, sagte der Mann im roten Trachtenjanker, "ausgredt is" Auch seine Mitstreiter sehen das so und brachten ihren Protest gegen den Startbahnbau in Helfenbrunn so lautstark zum Ausdruck, dass die von der CSU engagierte Blaskapelle fast nicht mehr zu hören war. Zu groß ist die Enttäuschung über den Kurswechsel von Horst Seehofer, der noch vor einem Jahr über die "starken Argumente" der Startbahngegner schwadroniert hatte. Und die gewählten Volksvertreter aus den Reihen der CSU? Florian Herrmann stellte sich zwar nicht in die Reihe der Demonstranten, brachte aber wenigstens noch verbal zum Ausdruck, dass zwei Bahnen reichen. Von Erich Irlstorfer wurde lediglich überliefert, dass er sich über den verweigerten Handschlag geärgert habe.

© SZ vom 08.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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