Kirchbergers Woche:Großauftrag mit kleinem Haken

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Warum der Bogner Sepp an den Löwen-Fans kein Geld verdient hat

Von Johann Kirchberger

Den Prozess gwinnst", sagt man zu einem, der gerade aus dem Friseurladen kommt und sich - vorsichtig ausgedrückt - einen etwas außergewöhnlichen Haarschnitt hat verpassen lassen. So einen, wie ihn heutzutage jeder zweite Fernseh-Fußballer zur Schau trägt. Auch in Freising gibt es einige Haarkünstler, die sich darauf verstehen, ihre Kunden solcherart zu verunstalten. Der Bogner Sepp in Lerchenfeld gehört da eher nicht dazu. Gleichwohl haben vor ein paar Wochen Fans des TSV 1860 bei ihm angefragt, ob er ihnen das Wappen ihres Lieblingsvereins - einen Löwen mit fünf Beinen und zwei Schwänzen - auf den Schädel rasieren könne. Allerdings erst, wenn der Klassenerhalt in der 2. Bundesliga sichergestellt sei. Das war die Crux bei diesem Großauftrag. Wir wissen alle, wie die Sache ausgegangen ist, die Löwenfans sind nicht mehr gekommen und dem Bogner Sepp ist viel Gage entgangen. Vergangenen Samstag hat er seinen Laden für immer zugemacht. Das hat allerdings nichts mit dem Niedergang des TSV 1860 zu tun, er geht schlichtweg in Ruhestand.

Nicht nur für das Hallen-Freibad in Lerchenfeld werden derzeit mehrere Pools gebaut, auch in Neustift, zwischen Moosach und Isar entsteht ein neues Becken. Es ist rund, hat ein Fassungsvermögen von 4000 Kubikmetern, einen Durchmesser von 40 Metern, kostet 5,2 Millionen Euro und wird sogar ein paar Monate früher fertig als das Bad in Lerchenfeld. Allerdings werden sich hier einmal keine Schwimmer tummeln, denn die braune Brühe, die hier ankommt, riecht nicht besonders gut. Gebaut wird hier das Nachklärbecken II für die Freisinger Kläranlage. Auch das hat zwar noch keinen Namen, es wird aber auch keiner gesucht.

Anders ist das bei Florian Herrmann, unserem Landtagsabgeordneten. Der ist bei seinen Bemühungen, sich als Scharfmacher der CSU-Fraktion einen Namen zu machen, wieder einen Schritt vorangekommen. Mit Vehemenz verteidigt er auf Facebook die Entscheidung der Polizei, einen 20-jährigen Afghanen aus seiner Klasse in einer Nürnberger Berufsschule zu holen, um ihn abzuschieben. Nicht genug damit, die etwa 300 Schüler, die dies verhindern wollten, bezeichnet Herrmann als Mob, der von Autonomen "orchestriert und dirigiert" worden sei. Vorwürfe, die Polizei sei nicht sensibel vorgegangen, weist er zurück. "Wie wäre es, Anordnungen der Polizei einfach mal Folge zu leisten", fragt er und verweist darauf, dass Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und tätliche Angriffe gegen Polizeibeamte keine "veredelte Form der Zivilcourage" seien, sondern eine besonders schwere und schändliche Straftat darstellten.

Das mag so sein. Tätliche Angriffe gegen Menschen sind aber immer eine Straftat und schändlich, ganz gleich, von wem und gegen wen sie ausgeführt werden. Dass zehn Polizisten bei ihrem Einsatz verletzt wurden, ist bedauerlich, dass unzählige Schüler verletzt wurden, auch. Wäre alles zu vermeiden gewesen, hätte sich die Polizei zurückgezogen, als sich an der Schule Widerstand regte. Unserem schon fast Innenminister aus Freising sollte es eigentlich zu denken geben, wenn Kirchen, Gewerkschaften, andere Parteien, der Flüchtlingsrat und auch ein Gericht diesen Polizeieinsatz verurteilen. Herrmann kümmert dies alles nicht, er unterstellt vielmehr allen Kritikern, von "ideologisch verdrehten Dingen" zu faseln.

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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