Kirchbergers Woche:Ganz schön tolerant

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Es gibt Themen, die sind interessant und wichtig und bewegen das Wahlvolk. Aber Wahlkampf machen kann man damit eigentlich nicht

Kolumne von Johann Kirchberger

Es gibt Themen, die sind interessant und wichtig und bewegen das Wahlvolk. Aber Wahlkampf machen kann man damit eigentlich nicht. Zu einig sind sich da die Kandidaten. Wer beispielsweise würde sich ernsthaft gegen den Bau neuer Sozialwohnungen aussprechen oder gegen bezahlbaren Wohnraum für jedermann argumentieren? Wer würde nicht den Bau neuer Radwege für gut befinden? Wer würde schon eine bessere Bezahlung von Pflegekräften und Erzieherinnen ablehnen? Auch die Ablehnung der dritten Startbahn bringt ja kaum noch Pluspunkte, denn alle Landtagskandidaten lehnen sie ab.

Sogar Florian Herrmann betont seit Wochen, auch er sei gegen diese Startbahn. Sein Chef und Ministerpräsident wisse das und akzeptiere seine Haltung. Die Bürgerinitiativen freilich trauen dem Leiter der Staatskanzlei nicht so recht. Für seine Überzeugung müsse man kämpfen, fordern sie auf Transparenten. Das könnte Herrmann ganz leicht tun. Wenn er etwa, einfach nur mal so als Beispiel, Anfang Oktober bei der angekündigten Großdemo der Startbahngegner an der Spitze der Widerstandskämpfer marschieren würde, untergehakt bei Christian Magerl und Hartmut Binner. Das wäre doch der Hammer, oder etwa nicht? Vielleicht würde das Markus Söder auch noch tolerieren - zumindest bis zum Tag nach der Wahl.

Am Tag nach dem Volksfest wird traditionsgemäß Bilanz gezogen. Dabei hat sich heuer herausgestellt, dass zwar weniger Bier als im Vorjahr konsumiert, aber mehr gerauft worden ist. Oder, wie Polizeichef Neuner es formulierte, dass die Zahl der Gewaltdelikte eine exorbitante Steigerung erfahren habe. Eigentlich ein Widerspruch in sich. Denn bisher war es immer so, dass die Gewaltbereitschaft mit der Zahl der geleerten Masskrüge gestiegen ist.

Dass so ein Masskrug mal zersplittert, das ist immer schon passiert. Dass der Erfolg eines solchen Volksfestes aber ausschließlich daran gemessen wird, wie viel Bier sich das feiernde Volk einverleibt hat, das gefällt OB Eschenbacher gar nicht. Schon weil Freising in der Disziplin Biertrinken regelmäßig von Erding geschlagen wird.

Er fände es interessanter, den Zuspruch eines Volksfestes nach der Zahl der Besucher zu bewerten. Schön, doch wer soll die zählen und wo? Vielleicht wären Stechuhren eine Lösung. Die Verwaltung wird bestimmt schon an einer Lösung feilen.

Was immer dabei herauskommt - seit CSU-Ministerpräsidenten nicht mehr in Freising, sondern in Moosburg Reden schwingen, ist der Kreisstadt eine Möglichkeit genommen, die Zahl der Besucher und den Bierumsatz ein wenig zu pushen. Deshalb sollten die Freisinger selbst aktiv werden. Diese Woche etwa fand im Ortsteil Achering eine Bürgerversammlung statt. 25 der 228 Einwohner waren gekommen.

Würden bei der zentralen Bürgerversammlung in Freising auch zehn Prozent der Bevölkerung anmarschieren, wären das 5000 Personen und die könnten wohl nur vor oder nach dem Volksfest im großen Bierzelt untergebracht werden. Mit Masskrügen und Bratwürsten zuzuschlagen, bliebe verboten. Die Erlaubnis, sich unangenehme Nachrichten schön zu saufen, würden OB und Stadtrat aber ganz sicher uneingeschränkt erteilen.

© SZ vom 22.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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