Kirchbergers Woche:Freisinger haben wenig zu lachen

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Eine Kolumne von Johann Kirchberger über die Nöte der Bürger im Fasching

Von Johann Kirchberger

Im ganzen Landkreis haben die Narren die Macht übernommen und von den Bürgermeistern die Rathausschlüssel einkassiert. Im ganzen Landkreis? Nein, eine Stadt widersetzt sich. In Freising ist der Seniorenfaschingsball Höhepunkt des närrischen Treibens und mangels eigener Narrhallesen durften heuer als Stimmungsmacher für Alt-Freising die Gardemädchen aus Zolling ihre Beine schwingen. Zur allgemeinen Belustigung wurde dann auch noch Bürgermeisterin Eva Bönig zur Oberprinzessin ausgerufen. Brav nahm sie einen Orden entgegen, wollte aber ihre Schlüssel partout nicht herausrücken. Irgendwo hört schließlich der Spaß auf.

Freilich, ein bisschen mehr Gaudi im Rathaus würde nicht schaden. Eine närrische Stadtratssitzung etwa könnte für Abwechslung im tristen Sitzungsalltag sorgen. Ganz nach dem Vorbild der Faschingshochburg Veitshöchheim - wo es vor allem das Bayerische Fernsehen für wahnsinnig lustig hält, wenn der Söder sich als Stoiber verkleidet - könnte Tobias Eschenbacher als Dieter Thalhammer gehen und der Hölzl Hans als Benno Zierer. Lustig wäre es auch, wenn sich der ein oder andere Stadtrat eine Punkerfrisur zulegen würde, damit das Volk etwas zu lachen hat. Der absolute Brüller wäre natürlich, wenn als Überraschungsgäste unsere CSU-Abgeordneten auftauchten, der Irlstofer verkleidet als Herrmann und der Herrmann als Irlstorfer. Der Rollentausch würde zwar womöglich auffallen, eine Schweinsgaudi wäre es trotzdem.

Weil es aber die meisten Stadträte schon für unbotmäßig halten, sich am Faschingsdienstag eine rote Nase umzubinden, werden die Freisinger auch 2018 nicht viel zu lachen haben. Es sei denn, sie finden es lustig, dass die Bahn im Sommer die Gleise nach München stilllegt und ihre Fahrgäste über den Flughafen und Hallbergmoos in die Landeshauptstadt schickt. Eine Stunde und zehn Minuten soll die Fahrt zum Hauptbahnhof dauern. Selten so gelacht. Ob es schneller geht, wenn die Pendler den Schienenersatzverkehr nutzen, wie Busse von der Bahn genannt werden, wird sich zeigen.

Einer, der auch in ernsten Zeiten lacht, ist der Freisinger Bär. Zumindest auf den orangefarbenen Aufklebern, die an einigen Geschäften angebracht sind. Aber der Bär lacht niemanden aus, er freut sich zusammen mit der Agenda-Seniorengruppe über die Bereitschaft von Ladenbesitzern, alten Menschen mit Rollatoren und Müttern mit Kinderwagen Rangierplätze zur Verfügung zu stellen. So manche Autofahrer freuen sich übrigens schon jetzt darauf, nach dem Umbau der Innenstadt ganz viele Rangierplätze in der Hauptstraße zur Verfügung zu haben. Wird bestimmt lustig. Einen lachenden Bären könnte man dann vielleicht an der Rathauspforte anbringen.

Dass in Freising der Humor nicht ganz ausgestorben ist, zeigt die Werbekampagne einer Neustifter Metzgerei. "Ihr Kind wünscht sich ein Tier zu Weihnachten?" hatte sie auf ihrer Facebook-Seite gepostet und daneben ein Dry Aged Steak am Fleischerhaken gezeigt. Strenggläubige Veganer fanden das gar nicht lustig. Ein Shitstorm brach über den Metzger herein, der schuldbewusst ankündigte, künftig Tofu-T-Baum-Steaks zu verkaufen und sich in Veganerei Busch umzubenennen. War aber natürlich auch wieder nicht recht. Was humorvoll und was geschmacklos ist, liegt eben im Ermessen des Betrachters. Für Aufmerksamkeit hat der Schlagabtausch auf Facebook in jedem Fall gesorgt. Und der ein oder andere wird darüber auch gelacht, zumindest aber geschmunzelt haben. Ist ja auch lustiger so was, als "Mainz, wie es singt und lacht".

© SZ vom 20.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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