Kirchbergers Woche:Erst mal warten, aber worauf?

Lesezeit: 2 min

Auch am Flughafen soll es Feinstaubmessungen - irgendwann, vielleicht

Kolumne von Johann Kirchberger

Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast, heißt ein Zitat, das Winston Churchill zugeschrieben wird. Ein wenig abgewandelt könnte man auch sagen, traue keiner Messung, die du nicht selbst manipuliert hast. So etwa wird von allen Seiten behauptet, bei der Messung von Feinstaub an Straßen werde an den falschen Stellen gemessen. Je nach Sichtweise bekommt man zu hören, dass die Geräte zu hoch, zu tief, zu weit entfernt oder zu nahe dran seien an den Auspuffrohren.

Beim Münchner Flughafen ist das nicht anders. Seit Jahren predigen die Bürgerinitiativen, die FMG stelle ihre Messgeräte absichtlich da auf, wo der geringste Feinstaub anfällt. Was wiederum dazu führe, dass die Flughafenbetreiber behaupten können, alle Grenzwerte würden eingehalten, die Luft am Münchner Airport sei fast so rein wie in einem Luftkurort.

Ultrafeinstaub allerdings wird nicht gemessen. Erstens, weil es dafür keine geeigneten Messgeräte gebe, sagt in diesem Fall die FMG, zweitens weil das eh nichts bringe. Schließlich seien bisher keine Grenzwerte festgelegt worden, weshalb aus den Messergebnissen keinerlei Schlussfolgerungen gezogen werden könnten.

Beim Freisinger Bürgerverein, der seit langem kreuz und quer rund um den Flughafen unterwegs ist, und dabei zu alarmierenden Ergebnissen kommt, sieht man das anders. Bis zu 30 Mal höhere Werte als normal stellte der Verein in Flughafennähe fest. Ultrafeinstaub entstehe bei der Verbrennung von Kerosin auf dem Rollfeld. Auf dem Flughafen im Erdinger Moos würden täglich 500000 Liter Flugbenzin ungefiltert verbrannt. Da kommt was zusammen.

Irgendwie scheint nun auch die bayerische Staatsregierung erkannt zu haben, dass das aufgebrachte Volk beruhigt werden muss und so wurden auf Drängen der Freien Wähler 1,4 Millionen Euro im Haushalt für Ultrafeinstaubmessungen eingeplant. Doch dann, man glaubt es kaum, wurde entschieden, die Messstellen nicht am Flughafen, sondern in Augsburg und Regensburg einzurichten. Was den Flughafen betrifft, wolle man abwarten, was bei den Messungen in Frankfurt herauskomme, hieß es.

Die Grünen reagierten mit Empörung, sprachen von einer Hinhaltetaktik, was man nachvollziehen kann. Anders war das bei Benno Zierer von den Freien Wählern. Er sprach stattdessen von einem großen Erfolg und hält es für sinnvoll, noch etwas zu warten. Aber worauf nur und warum? Selbst das Bundesumweltamt hat erklärt, dass es dringend paralleler Messungen bedürfe. Parallel und nicht erst da, dann dort.

Jetzt wird also erst einmal abgewartet, was die Hessen ermitteln, dann wird womöglich auch im Erdinger Moos gemessen und was passiert dann? Weiß man nicht. Dann wird wahrscheinlich darauf gewartet, dass die EU Grenzwerte festlegt. Das kann dauern. Und sollten tatsächlich einmal Grenzwerte festgelegt worden sein, dann werden Prüfaufträge erteilt werden müssen, wie diese Grenzwerte eingehalten werden können. Viele Gutachten werden erforderlich sein, viele Sachverständige gehört werden müssen, und viele Jahre werden vergehen, ohne irgendwelche Verbesserungen. Die Bevölkerung rund um den Flughafen aber wird weiterhin Ultrafeinstaub einatmen, mit all seinen gesundheitsgefährdenden Folgen.

© SZ vom 07.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: