Kirchbergers Woche:Der Stress mit der Fahrkarte

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Sieben Kreise, 16 Ringe und vier Zonen: S-Bahn-Fahren ist und bleibt nicht einfach

Kolumne von Johann Kirchberger

Wenn sich in den Ortsteilen der Gemeinden und Städte einmal im Jahr die Bürger um ihren Meister versammeln, dann beherrscht meist ein Thema die Debatte - der leidige Verkehr. Es wird zu schnell gefahren, es ist zu gefährlich und fast unmöglich die Straße zu überqueren, es ist zu laut, die Luft wird verpestet, da und dort gibt es ständig Stau, es wird alles zugeparkt. Trotzdem, oder auch gerade deshalb, braucht es immer wieder neue Straßen, möglichst breite, solche mit Geh- und Radwegen, und es braucht mehr Zebrastreifen und Ampeln, manchmal aber auch weniger. Und es braucht Tempo-30-Zonen. Es ist schon ein rechtes Kreuz. Aber wer ist das nur, wer erzeugt den vielen, ungeliebten Verkehr? Ist vermutlich nur von einem Untersuchungsausschuss zu klären. Ganz schlimm muss es übrigens in Neufahrn sein. "Wir ersaufen im Autoverkehr", hat Bürgermeister Franz Heilmeier neulich bei einer Bürgerversammlung gesagt. Auch kein schöner Tod. Eine Alternative zum Autoverkehr ist natürlich der Öffentliche Personennahverkehr, sprich Busse und Bahnen. Womit wir beim MVV wären, dem Münchner Verkehrs- und Tarifverbund. Der bastelt zurzeit wieder am Bezahlsystem herum, was nichts Gutes bedeutet, denn meist führen groß angekündigte Reformen zu höheren Fahrpreisen. Offiziell soll es diesmal vor allem einfacher werden, mit der S-Bahn in die Landeshauptstadt zu fahren. Wird aber nicht so einfach werden, denn da gibt es sieben Kreise, 16 Ringe und vier Zonen, es gibt einen Zeitkarten- und einen Bartarif. Es gibt eine Tageskarte, eine Streifenkarte, eine Wochen-, Monats- und Jahreskarte, Einzelfahrkarten, Zeitkarten auf dem Smartphone, Zeittickets auf Chipkarten, einen Kindertarif, ein Seniorenticket, einen U-21-Rabatt, ein Sozialticket, eine Isar-Card, eine Studentenkarte, eine Fahrrad-Tageskarte, ein e-Ticketing, bald auch ein Schüler- und ein Azubi-Ticket und wer weiß was noch alles. Und es gibt Karten, die muss man stempeln und andere wieder nicht. Für die täglichen S-Bahnfahrer mag dieser Tarif- und Beförderungsdschungel ja einigermaßen durchschaubar sein. Wer aber nur gelegentlich mal in die S-Bahn steigt, um in München eine Veranstaltung zu besuchen oder an einem Event teilzunehmen, wie das heutzutage heißt, um sich dort Parkplatzprobleme zu ersparen, der ist schnell überfordert. Er steht an Automaten, mit denen man nicht sprechen kann, und hat seine liebe Mühe und Not, die korrekten Tasten zu drücken. Wie einfach wäre es da, wenn man seinen Zielort eingeben könnte, zu dem man hin und auch wieder zurückgebracht werden möchte und es würde automatisch die richtige Fahrkarte ausgespuckt. Ganz ohne aufwendige Berechnungen, wie viel Zonen, Kreise und Ringe man vom Freisinger Bahnhof zum Münchner Marienplatz durchquert und ohne nachzudenken, wie man was und wo stempeln muss. So etwas wäre schön und einfach. Der S-Bahn-Kunde könnte in seinem Zug sitzen, ganz ohne Stress und Angst vor Kontrolleuren und im Falle des Falles seine Fahrkarte zeigen, auf der vermerkt ist, wohin er fahren will und wie lange sein Ticket gültig ist. Aber so etwas wäre natürlich zu schön und viel zu leicht. Das kann man nicht machen, dann wären ja all die Spezialisten überflüssig, die ständig überlegen, wie sie das System gerechter und noch ein wenig komplizierter machen könnten.

© SZ vom 02.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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