Kirchbergers Woche:Den Bürgern in die Tasche greifen

Lesezeit: 2 min

Anderswo wird überlegt, Kita-Gebühren zu senken oder ganz zu streichen, nicht so in Freising: Hier wird für Familien vieles teurer

Kolumne von Johann Kirchberger

Dass die Freisinger Stadtverwaltung keine Gelegenheit auslässt, um Gebühren, ganz gleich welcher Art, zu erheben und ihre regelmäßige Erhöhung zu fordern, ist legitim und vielleicht sogar ihre Aufgabe. Schade ist nur, dass die Stadträte in ihrer Mehrheit den Vorschlägen der Verwaltung blind folgen. Manchmal wird zwar ein wenig gejammert - "muss das denn sein?" - dann aber wird doch zugestimmt. Der Bürger wird um Verständnis gebeten, der Sachzwang ist es, das weiß man ja.

Jüngstes Beispiel dafür sind die Gebühren für die Kinderbetreuung. Kindergarten, Hort und Krippe in Freising werden wieder teurer. Die Gebühren werden teilweise massiv angehoben, in einigen Fällen um bis zu 25 Prozent. Der Kämmerei, die sich auf das Bayerische Kinderbetreuungsgesetz beruft, geht es vor allem darum, den Deckungsgrad zu erhöhen. Heißt also, die Eltern stärker an den Gesamtkosten zu beteiligen. Der liegt jetzt zwischen 15,5 (Kindergärten) und 21 (Krippen) Prozent und soll, so wurde es kürzlich fast einstimmig beschlossen, künftig um 0,5 Prozent im Jahr steigen.

Das hört sich im ersten Moment nach nicht viel an. In der Summe belastet es aber junge Familien mit Kindern und gerade die sollen entlastet werden, wird jedenfalls seitens der Politiker in Sonntagsreden verkündet. Denn gerade sie zählen am Anfang ihrer Berufslaufbahn nicht zu den Spitzenverdienern, weswegen meist beide Elternteile gezwungen sind, ganztägig einer Arbeit nachzugehen. Wenn von dem dadurch erzielten Einkommen ein ganzer Batzen abgeht, um die Kinderbetreuung zu finanzieren, ist das kontraproduktiv. Sinnvoll und wichtig wäre es daher, nicht nur den Besuch von Schulen und Hochschulen kostenfrei zu gestalten, sondern auch den von Kindergärten, Hort und Krippen. Dass es nicht so ist, ist der eigentliche Skandal.

Und wie sieht das woanders aus? In München hat sich der Stadtrat dieser Tage ebenfalls mit den Kinderbetreuungskosten beschäftigt. Dabei hat OB Dieter Reiter (SPD) vorgeschlagen, die Gebühren für Familien, die weniger als 40 000 Euro im Jahr verdienen, ganz abzuschaffen, wer bis zu 60 000 Euro verdient, soll 40 Prozent weniger zahlen. Der Münchner CSU geht das nicht weit genug. Sie fordert die grundsätzliche Abschaffung aller Kita-Gebühren, schon weil die Kontrolle von Einkommensgrenzen einen enormen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen würde. Wie auch immer, die Münchner Stadträte haben erkannt, wie notwendig eine Entlastung junger Familien ist und wollen nicht nur reden, sondern handeln. In München, mit seinen hohen Mieten, sollen Familien nicht schlechter behandelt werden als in Berlin, wo Kindergartengebühren im Sommer ganz abgeschafft werden, oder wie in Hessen.

In Freising dagegen denkt niemand daran, irgendwelche Gebühren zu senken oder gar ganz abzuschaffen. In Freising werden Gebühren erhöht, für die Kindertagesstätten, für die Sportstättenbenutzung, für die Musikschule und wo es eben sonst noch geht. Immer rein mit den Händen in die Taschen der Bürger.

© SZ vom 28.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: