Kirchbergers Woche:Beton kann man nicht essen

Lesezeit: 2 min

Warum ein altes Indianerwort auch heute noch Gültigkeit hat

Kolumne Von Johann Kirchberger

Sie ist vorbei, die 40-tägige Fastenzeit. Das heißt aber nicht, dass man jetzt kein Starkbier mehr trinken dürfte. Freisings Brauereien haben ja auch noch genügend vorrätig. Fasten im eigentlichen Sinn muss aber jetzt keiner mehr. Ostern ist da, es wird gefeiert, geschlemmt und gevöllert. Ostereier, Osterschinken, Osterfladen, Osterlämmer, gebacken oder gebraten und viele Osterhasen aus Schokolade. Und wer sich der Mühe unterzieht, am Ostersonntag früh aufzustehen, um in den Kirchen der Stadt die Osternacht zu feiern, der kann sich seine Speisen sogar weihen lassen. Dann sind sie bestimmt noch bekömmlicher.

Auf irgendetwas so richtig verzichtet haben aber in der Fastenzeit ohnehin die Wenigsten. Nur auf die Fastenpredigt von Bruder Barnabas alias Erich Irlstorfer, da mussten wir heuer verzichten. Hat wohl keine Zeit gehabt, regieren ist anstrengend. Dabei hätte er doch gerade heuer über so viele lustige Sachen berichten können. Etwa über seine zähen Jamaika-Verhandlungen oder die überaus gelungenen Koalitionsvereinbarungen mit der SPD. Oder etwa über seine Berufung in den interfraktionellen Parlamentskreis Fluglärm. Ein echter Brüller, dass der Erich jetzt zuständig ist für Lärmschutz und Luftschadstoffe. Zumindest in den Augen der Startbahngegner. Auch Florian Herrmann scheint keine Lust gehabt zu haben, ein wenig zu predigen. Kein Wunder, gehört er doch jetzt der bayerischen Staatsregierung an, und da hat man seriös aufzutreten. Jetzt darf man gespannt sein, ob er als Leiter der Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten noch Zeit findet, sich um die Sorgen der Freisinger zu kümmern und ob und wie er seinem Ministerpräsidenten beibringt, die Ausbaupläne für den Flughafen nicht nur aufzuschieben, sondern gleich ganz zu begraben.

Der Flächenfraß ist auch so ein Thema, dem sich die CSU-Politiker annehmen könnten. Doch da betreiben die Grünen gerade ein Volksbegehren und deshalb wird darüber im Regierungslager nicht so viel gesprochen. Dafür hat kürzlich der IHK-Vizepräsident Otto Heinz klargestellt, dass der Verbrauch von Flächen für Wohnen, Gewerbe, Verkehr und Freizeit halb so schlimm sei. Im Landkreis würden noch 86 Prozent aller Flächen landwirtschaftlich genutzt oder seien Naturflächen. Aus welchem Jahr diese Zahl stammt und ob sie stimmt, wissen wir nicht. Tatsache aber ist, dass im Landkreis Freising gerade allerhand Grün verschwindet oder schon bald verschwinden soll. Die Westtangente, die Nordostumfahrung, die Neufahrner Bahn-Kurve, alles gerade im Bau. Und dazu gehören die Pläne zur Verbreiterung der A 92 samt einer neuen Anschlussstelle auf Echinger Flur, die Neubaupläne für die B 301 rund um Hallbergmoos, der geplante Turbokreisel nach der Schlüterbrücke und natürlich der Bau der dritten Startbahn. Allein dafür würden 345 Hektar versiegelt und 871 Hektar verbraucht. Die Ausweisung immer größerer Gewerbegebiete kommt noch hinzu. Gerade freut sich Langenbach über einen neuen Logistiker, der eine 15 000 Quadratmeter große Halle bauen will, soeben wird gemeldet, dass sich ein Global Player in Eching niederlassen will und für den Bau seiner Konzernzentrale 25 Hektar benötigt. Alles nicht so gravierend, meint Heinz und lehnt jegliche Begrenzung ab. Irgendwie passt da die leicht abgewandelte Indianer-Weisheit: Erst wenn die letzten Quadratmeter Wiese, Acker und Wald verbraucht sind, werdet ihr merken, dass man Beton nicht essen kann.

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: