Kirchbergers Woche:Berechtigte Skepsis

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Hohe Mieten lassen sich in einer Stadt wie Freising nicht durch einen Mietspiegel verhindern, sondern ausschließlich durch eine Vergrößerung des Angebots

Von Johann Kirchberger

Vehement fordern SPD und Mieterverein seit langem die Einführung eines Mietspiegels. Zusammen mit der dann möglichen Umsetzung einer Mietpreisbremse erhoffen sie damit den Anstieg der Mieten verlangsamen zu können. Doch ein Mietspiegel ist eine sehr zweischneidige Angelegenheit. Denn eine Reihe von Vermietern könnte durch einen Blick in den Mietspiegel erst darauf gestoßen werden, dass die von ihnen verlangte Miete unter dem ortsüblichen Durchschnitt liegt und in logischer Konsequenz den Mietzins ein wenig angleichen. Bisher schon weniger kulante Vermieter wiederum könnten auf die Idee kommen, noch einmal kräftig zuzulangen, bevor ihnen das durch staatliche Regularien erschwert wird. So oder so, das Mietniveau würde in jedem Fall steigen. Hohe Mieten lassen sich nun mal in einer Stadt wie Freising nicht durch einen Mietspiegel verhindern, sondern ausschließlich durch eine Vergrößerung des Angebots, sprich den Bau zusätzlicher Wohnungen. Erst wenn das Angebot deutlich erhöht wird, lassen sich die Mieten stabilisieren.

Die Skepsis von Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher, dass ein Mietspiegel irgendetwas verbessern könne, ist daher berechtigt. Das kann aber nicht bedeuten, dass er und seine Stadträte die Hände in den Schoß legen dürfen. Was nämlich auch in Freising fehlt, sind günstige Sozialwohnungen, und da tut sich derzeit zu wenig. Nun gut, die Stadt steckt viel Geld in die Renovierung ihres Altbestands, doch dadurch wird keine Wohnung zusätzlich geschaffen. Die Wohnungen werden moderner und komfortabler, aber nicht günstiger. Statt alle zwei Jahre 50 000 Euro für die Erstellung eines Mietspiegels auszugeben, wäre es besser, sich professionell um die Wohnraumbeschaffung zu kümmern. Dazu gehören nicht nur günstige Grundstücke, Fördermöglichkeiten und weniger Bauvorschriften, dazu gehört auch, die Fehlbelegerquote deutlich zu senken. In vielen Freisinger Sozialwohnungen leben seit Jahren Einzelpersonen in Vierzimmer-Wohnungen, weil die Partner gestorben und die Kinder ausgezogen sind. Sie zu einem Umzug zu bewegen, wird nicht einfach sein. Aber es muss versucht werden, mit lukrativen Angeboten und viel Überredungskunst.

Landtagsabgeordneter Florian Herrmann (CSU) arbeitet zurzeit mit aller Macht an seinem Image als Grünen-Fresser. Während der Debatte um das geplante Integrationsgesetz spielte er nach zahlreichen Zwischenrufen der Grünen den Beleidigten, packte seine Sachen zusammen und verließ wutschnaubend den Plenarsaal des Landtags. Wenige Tage später sang er, wiederum im Landtag, das hohe Lied von der vorbildlichen Arbeit der Polizei und warf den Grünen Heuchelei vor, weil die sich erdreistet hatten, einen "grünen Polizeikongress" abzuhalten. Alles schön und gut. Warum aber, so fragt man sich unweigerlich, tritt er nicht endlich einmal so vehement auf, wenn es um die Verhinderung der dritten Startbahn geht? Seit seinem Herumgedruckse im Jahr 2012 hat Herrmann dazu im Landtag nichts mehr gesagt. Er lässt Erwin Huber und dessen Freunde Attacken gegen die Startbahngegner reiten, untätig sieht er zu, wie sich Großunternehmen wie die Allianz oder Siemens auf die Seite der Startbahnbefürworter schlagen. Aber zum Glück gibt es ja "Schleichfernsehen". Da wurde Huber kürzlich als "Erwin Feuerstein" bezeichnet, der dem "Geröllheimerkreis" angehört, angeblich einer "Widerstandsorganisation gegen die sinnlose Ausbreitung der Natur". So etwas würde man gerne einmal von Florian Herrmann im Landtag hören.

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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