Kirchbergers Woche:Alles geregelt

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Ohne Satzung geht in der Stadt so gut wie gar nichts

Von Johann Kirchberger

Es gibt eine Innenbereichssatzung, Einbeziehungssatzungen, Entwicklungssatzungen, Sanierungs- und Änderungssatzungen. Es gibt eine Kindertageseinrichtungengebührensatzung, eine Fahrradabstellplatzsatzung, eine Satzung über die Benutzung der Notunterkunftsanlage, eine über die Benutzung der öffentlichen Grünanlagen und noch viele andere mehr. Ja, eigentlich gibt es in Freising nichts, was nicht durch eine Satzung geregelt ist, oder zumindest durch eine Verordnung wie das Taubenfütterungsverbot. Alles muss geregelt sein, es dürfen keine Freiräume bestehen, nichts darf dem Zufall überlassen bleiben. Fehlt eigentlich nur noch eine Satzung, in der festgelegt wird, wer wann und mit welcher Ausrüstung die Freisinger Innenstadt betreten darf.

So gesehen war es natürlich nur eine Frage der Zeit, bis nun auch die ordnungsgemäße Nutzung des Pullinger Weihers in einen Satzungstext gegossen wurde. Dabei war dieser Weiher jahrzehntelang bei der Jugend gerade deshalb so gefragt, weil hier nichts geregelt war, weil man hier nur auf grobem Kies liegen und ins kalte Wasser springen konnte. Mit dem Ausbau durch den Erholungsflächenverein, mit bepflanzten Liegewiesen und geordneten Parkplätzen hat der "Pullinger" seine Anziehungskraft auf junge Leute eingebüßt. Sie sind weitergezogen ins Erdinger Moos, aber nicht zur Stoibermühle, weil dort auch alles geregelt ist. Favorit ist jetzt der Marzlinger Weiher, zumindest solange dort noch alles so schön unbequem und ungezwungen ist.

Eine Frage der Zeit war es auch, bis die erste Turnhalle im Landkreis zweckentfremdet wird, um den immer größer werdenden Zustrom von Asylbewerbern zu bewältigen. Zunächst hat es nun die Turnhalle der Wirtschaftsschule getroffen. Ob diese Notlösung wirklich nur für ein paar Monate Bestand haben wird, weil der Landkreis auf dem Sportplatz neben dem Camerloher-Gymnasium den Sommer über eine Container- und Zeltstadt für 300 Flüchtlinge errichten will, wird sich zeigen. Denn bis zum Jahresende müssen im Landkreis mindestens weitere 750 Asylbewerber untergebracht werden. Daher ist auch am Freisinger Bahnhof eine Containeranlage geplant, schon lange. Aber wie es eben so ist in Freising, es gibt noch jede Menge Klärungsbedarf und viel zu besprechen, und deshalb geht irgendwie alles nur langsam voran. Zu langsam. Vielleicht ist es aber ja auch so, dass die Satzung über die Benutzung von Asylbewerberunterkünften noch nicht ganz fertig ist. Dass die Containerstadt am Camerloher nach drei Jahren wieder abgerissen wird, um auf diesem Gelände dann mit dem Bau der neuen Berufsschule beginnen zu können, erscheint übrigens reichlich blauäugig. Der Flüchtlingsstrom wird nicht abreißen, anerkannte Asylbewerber werden auf dem freien Wohnungsmarkt weiterhin nicht fündig werden und in drei Jahren werden die Bürgerkriege in Syrien und in Afrika wohl auch noch nicht beendet sein.

Beendet werden sollten allerdings alle Behauptungen, bei uns sei nichts los. Rosentag, Airportday, Mittelaltermarkt, bayrisch-türkisches Sommerfest, Benefizkonzert auf dem Marienplatz - alles allein an diesem Wochenende. Danach "Koa Dritte Festival", Umwelttag, Johannismarkt, Stadtteilfest, Zamma-Festival, Dellnhauser Volksmusikfest, Kultursommer mit Carmina Burana, Altstadtfest, Plus-Festival, Bergfest, Volksfest. Ja is denn nia a Ruah? Na, muss man dem grantelnden Baiern sagen, nicht einmal in der staaden Zeit.

© SZ vom 13.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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