Kichbergers Woche:Fünf Stunden Schlaf müssen reichen

Lesezeit: 2 min

Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da, meinen die einen. Wer müde ist, sieht fas anders

Kolumne von Johann Kirchberger

Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da. Vor allem nicht im Erdinger Moos. Denn da gibt es einen Flughafen und dort wird die Nacht genutzt, um zu fliegen, zu lärmen und die Luft zu verschmutzen. Ein striktes Nachtflugverbot gibt es nicht, es gibt nur eine Nachtflugregelung. Mit der kann man leichter Schindluder treiben und deshalb werden die Flugzeuge am nächtlichen Himmel immer mehr. "Nachts um 11 Uhr, das ist die Hölle", hat neulich ein Acheringer geklagt.

Um der Sache nachzugehen, muss man zunächst einmal definieren, wann überhaupt die Nacht beginnt. Wenn es dunkel wird? Also momentan so etwa um 16.30 Uhr? Das wär was. Oder beginnt die Nacht erst um 22 Uhr, wie es der Gesetzgeber festgelegt hat? Alles was die nächtliche Ruhe stören könnte, ist nach 22 Uhr nur noch in Ausnahmefällen zulässig. Das gilt eigentlich auch am Flughafen. Weil aber die Nachfrage da ist, auch nachts herumzufliegen, wie die FMG betont, hat man den Begriff der Randflugzeiten erfunden. Von 22 bis 24 Uhr und von fünf bis sechs Uhr darf eingeschränkt geflogen werden. Allerdings muss ein Lärmkontingent eingehalten werden. Das errechnet sich aus den eingesetzten Flugzeugen sowie den Starts und Landungen pro Durchschnittsnacht in einem Kalenderjahr. So ein Durchschnittswert ist praktisch für die Flughafenbetreiber, so praktisch wie der Dauerschallpegel. Den gibt es nämlich eigentlich gar nicht, es gibt nur Einzelschallereignisse und von denen werden die Menschen wach.

Ja, so etwas wie eine Nachtflugregelung gibt es im Erdinger Moos. Danach sind in diesen Randflugzeiten maximal 28 planmäßige Flüge erlaubt. Aber was ist schon planmäßig in Zeiten wie diesen, in denen ständig Streiks, Unwetter und andere unvorhersehbare Ereignisse alle Pläne durcheinanderwirbeln. Im Vorjahr waren es im Durchschnitt 72 Flüge pro Nacht in den Randflugzeiten. Denn es gibt ja diese Ausnahmen, für verspätete Starts und Landungen, für Interkontinentalflüge, bei schwierigen Wetterlagen und der Situation der Flugsicherung. Es findet sich immer was.

Aber es gibt auch noch eine Kernzeit. Von 24 bis fünf Uhr früh ist es auch am Flughafen Nacht. Dann darf und sollte eigentlich gar keiner fliegen. Aber auch da gibt es Ausnahmen. Die müssen zwar von der Regierung von Oberbayern genehmigt werden, aber meist tut sie das auch. Bei Staatsbesuchen etwa, bei Fußballspielen oder bei Katastropheneinsätzen. Zunehmend auch bei Flugzeugen, die in der Luft sind und irgendwie runter müssen. Alles verständlich, für die Anrainer aber mehr als ärgerlich.

Sie empfinden es schon als Zumutung, dass ihre Nachtruhe auf fünf Stunden begrenzt wird. Und wenn in dieser kurzen Zeit auch noch ein- oder zweimal ein Ausnahme-Flugzeug über ihr Dach donnert, haben sie nicht einmal davon etwas. Denn auch, wenn ein sogenanntes leises Flugzeug landet, das nur 75 statt 85 Dezibel Lärm erzeugt, werden sie aus dem Schlaf gerissen. Freisings OB hat gefordert, die FMG möge von den Fluggesellschaften für Nachtflüge ein höheres Entgelt verlangen. Hört sich gut an, aber auch, wenn nachts dann statt 72 nur noch 36 Flugzeuge unterwegs sein sollten, werden die Anrainern 36 Mal wach. Aber wer weiß, vielleicht kommt demnächst eine Studie auf den Markt, wonach zu viel Schlaf eher ungesund ist, genauso wie das Einatmen sauberer Luft.

© SZ vom 08.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: