Eingesponnene Bäume:Raupen seilen sich ab

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Die Gespinstmotte spinnt weiße Fäden um Sträucher - das ist zwar sehr zum Ärger von Gartenbesitzern, aber völlig harmlos.

Von Clara Lipkowski, Freising

Wer dieser Tage von weißen Schleiern überzogene Sträucher sieht, ist wahrscheinlich dem Werk der Gespinstmotte begegnet. Noch im Raupenzustand spinnt sie lange, zähe, weiße Fäden, bis der Baum oder Busch kaum wiederzuerkennen ist. Mitunter sieht es aus, als wäre nun Halloween - so gesichtet bei Massenhausen und Mauern. Gartenbesitzer berichten, dass sich die Raupen von den Ästen abseilen. Nicht schön, wenn das Gewächs am Wegrand steht und Fußgänger daran vorbeigehen.

"Die Motten suchen vor allem zwei verschiedene Wirte, die Traubenkirsche und das Pfaffenhütchen, und legen dort ihre Eier ab", sagt Stadtgärtner Anton Eichenlaub. Das geschieht meist im Vorjahr, im Frühjahr schlüpfen dann die Raupen. "Dann essen sie alle Blätter auf und spinnen den Schleier." Das gelte dem Schutz vor Vögeln, erklärt Johann Seidl von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. Die würden die Raupen nämlich zu gerne verspeisen. Unter dem Netz aber können die zu Hunderten in aller Ruhe wachsen und sich verpuppen. Manche seilen sich zu diesem Zweck auch ab, hinunter zum Stamm. "Nach zwei, drei Wochen ist das Prozedere vorbei", meint Stadtgärtner Eichenlaub, die Falter ziehen von dannen, der Baum kann sich erholen und sein Blätterwerk erneuern. "Das ist weder für den Baum noch für die Tiere und genauso wenig für den Menschen gefährlich."

Ein interessantes biologisches Phänomen sei an der Traubenkirsche zu beobachten, sagt Seidl: "Einzelne Raupen bessern ständig entstandene Schäden am Schutzschleier aus. Sie sterben ab, ohne sich zu verpuppen - zum Wohle der Artgenossen." Ein verstärktes Auftreten der Motte sei ihm nicht bekannt, sagt Seidl, dieses Vorgehen der Insekten trete immer mal wieder auf. Es sei zwar möglich, dass der Klimawandel und steigende Temperaturen einen stärkeren Befall begünstigen. Belegt sei das aber nicht, gibt er zu bedenken.

Hin und wieder suchen sich die Raupen auch Obstbäume als Wirt. Dass ein Obstbauer einen Ernteausfall hatte, sei aber noch nicht vorgekommen, meint Seidl und gibt gleich vorsorglich Entwarnung: Mit dem für den Menschen gefährlichen Eichenprozessionsspinner habe die Raupe auch nichts gemein, weder Aussehen noch Ort der Aufzucht. Kein Grund zur Aufregung also.

© SZ vom 06.06.2017 / clli - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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