Kein frohes Fest in Freising:Messerstecherei an Weihnachten

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Schwurgerichtskammer am Landshuter Landgericht spricht 37-jährigen Angeklagten aus Mangel an Beweisen frei

Von Alexander Kappen, Landshut/Freising

Es war ein etwas anderer erster Weihnachtsfeiertag. Statt Festbraten und Geschenke gab es in einem Mehrfamilienhaus in Freising eine handfeste Auseinandersetzung zwischen einem 37-jährigen Mann und dem 22-jährigen Gatten seiner ehemaligen Schwägerin. Der 37-Jährige soll seinem Kontrahenten dabei eine Schnittwunde am Handgelenk sowie eine Stichwunde am Hals zugefügt haben, durch die das Opfer etwa einen Liter Blut verlor. Am Mittwoch musste sich der mutmaßliche Angreifer am Landshuter Landgericht wegen versuchten Totschlags verantworten. Die Schwurgerichtskammer unter Vorsitz von Richter Markus Kring sprach den 37-Jährigen aber gleich am ersten von zwei geplanten Verhandlungstagen frei. Grund waren der fehlende Tatnachweis sowie massive Widersprüche in der Aussage des vermeintlichen Opfers.

Der Angeklagte war nach der Scheidung von seiner Frau von Portugal nach Freising gezogen. Dort wohnte er bei der Schwester seiner Ex-Frau und deren Mann. Am 25. Dezember vergangenen Jahres soll es laut Anklage in der Wohnung, wo die drei lebten, zunächst zu einem verbalen Streit gekommen sein. Der 37-Jährige packte dann den Geschädigten am Hals und drückte zu, bis dieser Atemnot verspürte. Nachdem sich der Geschädigte befreit und den Angeklagten zurückgeschubst hatte, griff sich dieser in der Küche ein Messer, attackierte seinen Kontrahenten - entweder mit einem Messer mit schwarzem Griff und silberner, etwa 18 Zentimeter langer Klinge. Oder mit einem Messer mit lila Griff und weißer, rund 20 Zentimeter Klinge. So stand es in der Anklageschrift - aber in der Verhandlung konnte die Tat so nicht nachgewiesen werden.

Das deutete sich bereits an, als die ersten Polizisten als Zeugen aussagten. "Das Ganze war total wirr, das mit dem Messer hat sich nie richtig klären lassen", sagte eine Polizistin. Ein Messer landete im Innenhof, wohin es offenbar mit Schwung aus dem Fenster geworfen worden sein muss, so die Darstellung der Beamten. Das andere Messer wurde der Polizei von einer Nachbarin übergeben, die in dem Haus wohnt - sie ist mit dem Bruder des Angeklagten verheiratet. An diesem Messer befand sich das Blut des Geschädigten. Allerdings, das sagte ein Polizist aus, seien auf beiden Messern keine Spuren des Angeklagten zu finden. Auch das Spurenbild am gesamten Tatort, so eine Polizistin, stehe nicht mit den Schilderungen des vermeintlichen Opfers im Einklang.

So hat dieser bei der Polizei ausgesagt, dass ihm die Handverletzung der Angeklagte zugefügt habe. Seine Frau gab jedoch an, dass sie das gewesen sei, als sie beim Streit dazwischen gegangen sei, um ihn zurückzuziehen. In der Wohnung, wo laut Anklage der Stich zum Hals erfolgt sein soll, sei nur sehr wenig Blut gewesen, sagte ein Polizist. Mehr war es offenbar im Treppenhaus. Auch unten an der Eingangstür waren noch Blutstropfen zu sehen. Wie aus den Zeugenaussagen hervorging, schnappte sich der Geschädigte nach dem Streit in der Wohnung offenbar auch ein Messer und verfolgte den Angeklagten.

Der wiederum bestritt die Tat von Anfang an. Vielmehr habe der 22-Jährige - er war wie der Angeklagte bei dem Vorfall alkoholisiert - ihn ohne ersichtlichen Grund mit einem Messer angegriffen. Er sei geflüchtet und habe sich bei einer Gaststätte auf der anderen Straßenseite versteckt, während der 22-Jährige am Fenster gestanden und mit dem Messer gedroht habe. Wahrscheinlich habe er sich verletzt, als seine Frau ihn von dort zurückziehen wollte, mutmaßte der Angeklagte. Letztlich beantragte auch die Staatsanwältin einen Freispruch.

© SZ vom 10.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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