Kaum jemand will sich für zwei Jahre fest binden:"Viele scheuen die Verpflichtung"

Lesezeit: 3 min

Georg Appel fachsimpelt mit Felix Magath. Die Gelegenheit dazu ergab sich 2012, als sich der Fußball-Bundesligist VfL Wolfsburg in der Savoyer Au auf das Spiel gegen den FC Bayern vorbereitete. (Foto: Marco Einfeldt)

Georg Appel, Fußballabteilungsleiter beim SE Freising, will sein Amt demnächst abgeben. Die Suche nach einem Nachfolger gestaltet sich schwierig, obwohl - oder weil - der Verein auf der Erfolgsspur ist

Interview von Johann Kirchberger, Freising

Die Fußballer des SE Freising liefern sich zur Zeit an der Tabellenspitze der Landesliga Südost ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem finanzstarken SV Türkgücü-Ataspor München. Der Gewinn der Meisterschaft ist möglich, Platz zwei und damit die Aufstiegsrelegation sind sicher. Vater des Erfolgs ist Abteilungsleiter Georg Appel. Der aber hat nun angekündigt in einem Jahr sein Amt abzugeben. Die SZ hat mit ihm darüber gesprochen.

Vor zwei Jahren haben Sie angekündigt, als Fußball-Abteilungsleiter aufhören zu wollen und dann doch weitergemacht. Wie ernst ist es Ihnen diesmal?

Man muss den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören wählen. Ernst war es mir schon vor zwei Jahren, aber da es sehr schwierig mit der Nachfolge ist, habe ich den Verein nicht hängen lassen und Spaß hat es immer noch gemacht. Aber für eine Person ist es ein Fulltime-Job, den man als Berufstätiger kaum ausfüllen kann. Es wird nur klappen, indem man die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt, so wie es die Jugendleitung seit Jahren vormacht und herausragende Arbeit leistet.

Haben Sie mit potenziellen Kandidaten geredet, zeichnet sich eine Lösung ab?

Da halten sich alle bedeckt und verfallen in die Hoeneß-Haltung, als es darum ging, Heynckes weiter zu verpflichten. Aber der Verein weiß, dass es mir diesmal ernst ist.

Grundsätzlich haben ja viele Vereine Probleme, wenn langjährige Funktionäre aufhören wollen. Es gibt viele, die sich für den Verein engagieren, aber immer nur projektbezogen. Bei Helfern für Turniere haben wir keine Probleme, was viele scheuen, ist die feste Verpflichtung für eine ganze Amtsperiode. Es will sich kaum jemand für zwei Jahre binden. Dazu kommt in einem höherklassigen Verein, dass die aktiven Spieler nicht nach und nach in die Funktionärstätigkeit wechseln, sondern eher als Trainer weitermachen. Folglich wird es ohne Hauptamtliche, die den bürokratischen Betrieb managen, nicht mehr funktionieren. Das zu finanzieren, wird für viele Vereine eine schwierige Zukunftsaufgabe. Größere Einheiten, sprich Fusionen, würden dies durch höheres Beitragsaufkommen erleichtern. Wenn das vielfältige Vereinsleben erhalten werden soll, wird es auch ohne kommunale und staatliche Unterstützung nicht gehen.

Sie sind jetzt seit 22 Jahren in verschiedenen Ämtern für den SEF tätig. Was hat sich im Geschäft Fußball verändert?

Der digitale Wandel hat auch den Fußball erreicht, gerade was die Öffentlichkeitsarbeit betrifft. Gab es früher nur die schreibende Presse, gibt es heute den Liveticker und die direkte Videoübertragung. Die Suche nach Sponsoren wird schwieriger, die Kosten steigen, die Zuschüsse bleiben gleich. Es war wahrscheinlich früher auch nicht leichter, Ehrenamtliche zu finden, aber die Anforderungen und die Ansprüche der Mitglieder und Aktiven steigen. Der Verein wird häufig als Dienstleistungsunternehmen gesehen, immer weniger als Gemeinschaft.

Sie haben gesagt, irgendwann wollten Sie Mitglied eines Fußballvereins sein, der in der Bayernliga spielt. Wie groß sind die Chancen, dass das schon heuer klappen könnte?

Die Chancen sind so gut wie noch nie, aber es ist halt nicht vorhersehbar. Es gilt das Bonmot von Sepp Herberger: "Warum gehen die Leute zum Fußball? Weil sie nicht wissen, wie es ausgeht."

Sollte die Meisterschaft doch noch verspielt werden und es auch in der Relegation nichts mit dem Aufstieg werden. Wie schlimm ist das für den Verein?

Die Mannschaft, die Trainer, der Verein tun alles dafür, daher wäre die Enttäuschung groß. Aber wir würden es bestimmt überstehen. Verein und Mannschaft existieren ja nicht ligenabhängig. Seine Ziele muss man dann eben neu ausrichten.

Die SEF-Fußballer müssen mit einem sehr schmalen Budget auskommen. Kann man allein mit guter Jugendarbeit auf Dauer in der Landes- oder Bayernliga mithalten?

Dass dies möglich ist, zeigen wir seit Jahren, man muss sich nur die Zusammensetzung der Mannschaft anschauen. Unser Konzept werden wir prinzipiell nicht ändern. Wir werden Ausbildungsverein bleiben. Diese Philosophie ist zukunftssicherer als die Einkaufspolitik vieler Vereine. Zahlreiche negative Beispiele geben uns Recht, da dem schnellen Aufstieg oft ein schneller Fall folgt.

Der SEF wird für seine Jugendarbeit gelobt. Erst jüngst haben wieder zwei ehemalige Jugendspieler den Sprung ins Profilager geschafft. Machen Sie diese Erfolge stolz oder sind Sie traurig, wenn gute Spieler weggeholt werden?

Es macht uns, vor allem die Jugendtrainer, sehr stolz. Welcher Amateurverein unserer Größe kann ähnliches nachweisen? Aufgabe der Jugendabteilung ist die Ausbildung von Spielern für die erste Mannschaft. Aber wir legen keinem Spieler Hindernisse in den Weg, der das Zeug hat, nach oben zu kommen. Wir sind stolz, einen Beitrag für die Zukunft des Fußballs zu leisten. Darum halte ich nicht viel von Vereinen, die den anderen Weg gehen.

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: