Justizbehörde zieht Bilanz:Zahl der Straftaten ist gestiegen

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Am Landgericht haben 2016 vor allem die Prozesse um das Flughafenbaby und Müllerbrot Aufsehen erregt. In diesem Jahr beschäftigen Kupferdiebe und ein schwunghafter Medikamentenhandel die Strafrichter

Von Peter Becker, Freising/Landshut

Die Prozesse um das Flughafenbaby und Müllerbrot waren mit die spektakulärsten und aufwendigsten Verfahren, die das Landgericht Landshut im vergangenen Jahr bewältigt hat. Dies hob der Sprecher der Justizbehörde, Rainer Wiedemann, am Freitag im Jahrespressegespräch hervor. Das Freisinger Amtsgericht gehört zum Zuständigkeitsbereich des Landgerichts. Es bearbeitet unter anderem die Berufungen gegen Urteile, welche die Richter auf dem Domberg gesprochen haben. Sowohl bei den Zivil- als auch bei den Strafsachen verzeichnet Präsident Hans-Peter Mair hohe Zuwächse.

Von 1533 Verfahren im Bereich der Straftaten landeten 114 vor den diversen Strafkammern des Landgerichts. 2015 waren es 103. Die Zunahme von 10,7 Prozent bezeichnete Mair als "deutliche Steigerung", zumal diese recht aufwendig sind. Paradebeispiele dafür sind die Prozesse um das Flughafenbaby und Müllerbrot. Alle Verurteilten in diesen Strafverfahren seien in Revision gegangen, sagte Wiedemann. Das heißt, die Urteile wurden auf eventuelle Rechtsfehler hin überprüft. Die Revision der Mutter des Flughafenbabys, die zu einer Haftstrafe von rund fünf Jahren verurteilt worden war, wurde verworfen. Zwei der im Müllerbrot-Prozess Verurteilten haben ihre Anträge zurückgezogen. Einer ist noch beim Bundesgerichtshof (BGH) anhängig. "Die Entscheidung steht noch aus", sagte Wiedemann. Kein Wunder, denn die Richter haben 548 sorgfältig dokumentierte Seiten zu den Verhandlungen durchzuarbeiten. Diese dauerten ein Jahr und umfassten 34 Verhandlungstage. Gut die Hälfte davon beschäftigte sich mit den Verstößen gegen das Lebensmittelgesetz.

Wiedemann verzeichnet ebenso einen Anstieg an versuchten und vollendeten Tötungsdelikten. Einige dieser Kapitalverbrechen gehen auf das Konto von Asylbewerbern. "Der Trend hat sich aber nicht fortgesetzt", sagte Wiedemann. Die Tötungsdelikte seien wohl den Bedingungen geschuldet, unter denen die Flüchtlinge leben müssten, sagte Wiedemann. Erstaunt ist er darüber, dass sich diese Kapitalverbrechen ausschließlich unter Landsleuten ereigneten. "Man sollte meinen, dass die miteinander auskommen können", bemerkte er dazu.

Dass es den Strafrichtern am Landgericht nicht langweilig wird, dafür sorgen derzeit die Prozesse gegen die sogenannte Kupferbrigade. Über 20 Verfahren sind am Laufen, einige Urteile sind schon gesprochen. Die europaweit agierenden Metalldiebe waren auch im Landkreis Freising unterwegs. Kiloweise mit Rauschgift gehandelt hat eine Bande aus Dingolfing. Möglicherweise hat diese auch den östlichen Landkreis Freising versorgt. Hier seien erstmals Hintermänner dingfest gemacht worden, sagte Wiedemann dazu. Im Sommer beginnen die Verfahren gegen die Betreiber eines Internetportals und Apotheker, die einen schwunghaften Handel mit dem Beruhigungsmittel Diazepam getrieben haben sollen, was einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz darstellt. Den Apothekern wird vorgeworfen, dass sie Rezepte ausgestellt haben, die Psychopharmaka wurden anschließend in die USA und nach England verkauft. "Diese Art von Kriminalität", sagte Wiedemann, "hat erst das Internet möglich gemacht."

Auch ohne Müllerbrot hatte die Wirtschaftskammer am Landgericht alle Hände voll zu tun. Es gab Fälle, in denen Verbraucher ihre Kreditverträge gekündigt haben, die sie zu Beginn des Millenniums zu höheren Zinssätzen abgeschlossen haben. Jetzt wollten sie in den Genuss niedrigerer Rückzahlraten kommen und haben dabei zum Teil Recht bekommen. Das bedeutet für die Banken große Verluste.

Und es gibt immer noch Leute, die auf Schwindler hereinfallen, die ihnen in Hochglanzprospekten zweistellige Renditen auf Investitionen in Start-up-Unternehmen versprechen. Meist sehen sie ihr Geld nie wieder, da solche Geschäfte auf Schneeball-Systemen basieren. 65 Verfahren mit Bezug auf diese Fonds sind derzeit in Landshut anhängig.

© SZ vom 04.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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