Jahresrückblick in Freising:Am Ende wird (fast) alles gut

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Händels Wassermusik war es nicht, welche das Blasquartett der Stadtkapelle zur Eröffnung des "Fresch" gespielt hat. Das wiederum schmälert die Freude der Freisinger an ihrem neuen Schwimmbad nicht. (Foto: Marco Einfeldt)

In der Stadt wird über Großprojekte gern lange gestritten. Wird dann endlich gebaut, folgt oft der Kostenschock. Unter dem Strich kann sich das, was dabei herauskommt, aber meistens sehen lassen, wie man am "Fresch" sieht

Von Kerstin Vogel

Vielleicht kann das ja als eine Art Regel für die Umsetzung großer Projekte in Freising gelten? Erst wird ganz lang gestritten, dann einigt man sich und fängt an zu bauen, dann wird es teurer und am Ende ist es gut. So wie das neue Kombibad "Fresch" am Rabenweg in Lerchenfeld. Heuer im März eröffnet, rechnete man bis zum Jahresende bereits mit 240 000 Badegästen, sehr viel mehr als ursprünglich angenommen. Und wenn man davon absieht, dass viele Schwimmer mit ihren Autos offensichtlich lieber die umliegenden Wohnstraßen zustellen, statt ins eigens errichtete Parkhaus zu fahren, gab es an der neuen Freizeiteinrichtung bis jetzt nur wenig zu meckern.

Was hatte man sich seit den Neunzigerjahren um den Standort für ein neues Freisinger Hallen- und Freibad gezankt, dabei hatte schon das "Kannewischer-Gutachten" aus dem Jahr 1992 unter anderem die nun umgesetzte Variante am Rabenweg vorgeschlagen. Doch die SPD wollte stattdessen eine Freizeitanlage mit Kombi-Bad, Eissportanlage und Plätzen zum Ballspielen südlich des Bahnhofs schaffen, die Freien Wähler waren auch dafür, die CSU wollte den Standort am Bahnhof mit einem Bürgerbegehren verhindern - und so gingen die Jahre ins Land. 2007 wurde plötzlich noch einmal das Nusser-Gelände nahe der Luitpoldanlage als möglicher Standort ins Gespräch gebracht, dann einigte sich der Stadtrat darauf, einerseits das Freibad zu sanieren und andererseits eine Kombilösung mit Eishalle an einem anderen Standort zu untersuchen - und am Ende wurde das Kombibad doch in Lerchenfeld gebaut, für knapp 40 statt der ursprünglich erwarteten 32 Millionen Euro. Dafür aber ist es gut geworden.

Die Eishalle, ebenso jahrzehntelang umstritten, wurde bekanntlich am Ende über dem Eisplatz in der Luitpoldanlage gebaut, für 6,8 statt der ursprünglich angenommenen drei Millionen - und ein bisschen was muss die Stadt nun auch noch draufsatteln, weil sie dem SE Freising den Umkleidetrakt für knapp 360 000 Euro abkauft. Ursprünglich mal als Beitrag des Vereins zum Bau der Halle vereinbart, konnte der SEF die Belastung auf Dauer nicht stemmen. Dass er das nun nicht mehr muss, könnte die zumindest bei den Eishacklern zum Teil nicht so ausgeprägte Zufriedenheit mit diesem Projekt noch einmal verbessern, mithin ist wohl auch dieses gut geworden.

In regelmäßigen Abständen teurer wird die Sanierung der Innenstadt, die 2019 bereits zu einem Drittel abgeschlossen werden konnte - der zuletzt freigegebene Bauabschnitt hatte sich überraschenderweise sogar im Kostenrahmen gehalten. Seit man in den Unteren Altstadt nun sehen kann, wie es einmal sein wird, mehren sich die Stimmen, die nun doch denken, dass es zumindest am Ende gut sein wird - auch wenn die noch ausstehende Moosachöffnung für eine weitere Kostenexplosion prädestiniert zu sein scheint.

Dass die Freisinger dereinst mit ihrem zum kulturellen Bürgerzentrum sanierten Asamgebäude zufrieden sein werden, gilt gemeinhin als gesichert, die Behinderungen durch die gewaltige Baustelle mitten im Herzen der Stadt nimmt man dafür relativ klaglos hin. Auch für diese Generalsanierung wird die Stadt am Ende allerdings sehr viel tiefer in die Tasche greifen müssen als gedacht: Seit einer "Kostenanpassung" um 3,76 Millionen Euro im Oktober steht inzwischen eine Summe von 51,85 Millionen Euro zur Rede.

Zu befürchten ist, dass so eine Anpassung auch bei dem nächsten Millionenprojekt, den mit 70 Millionen Euro veranschlagten neuen Schulen im Steinpark erforderlich sein wird, hat man doch auch auf dem Bildungs- und Betreuungssektor 2019 unangenehme Erfahrungen gemacht: So kostet etwa die Erweiterung des Kindergartens Sonnenschein an der Alleestraße statt der anfänglich geschätzten 1,3 nun stolze zwei Millionen Euro. Trotzdem ist in diesem Fall unstrittig, dass es am Ende gut sein wird, über den Bau von Schulen und Kindergärten wird in Freising auch tatsächlich so gut wie gar nicht gezankt - abweichend von der eingangs vermuteten Regel. Die trifft im Übrigen auch für ein weiteres Großprojekt der Stadt nicht so ganz zu. Zwar wurde über den Bau der Westtangente lange, sehr lange gestritten. So richtig darauf geeinigt hat man sich allerdings nie: Eine nicht allzu große Mehrheit sprach sich 2014 in einem Bürgerentscheid für das Projekt aus, die Gegner ertrugen in den Folgejahren zähneknirschend immer neue Kostenanpassungen, bis Anfang November dieses Jahres plötzlich eine Summe von 133,8 Millionen Euro im Raum stand.

Aus dem Zähneknirschen wurde ein laut vernehmliches Säbelrasseln, als Grüne, Linke und ÖDP im Stadtrat dieser Projektkostenerhöhung schlicht die Zustimmung verweigerten und Grüne und Linke - mit Ausnahme von Bürgermeisterin Eva Bönig - in der Folge auch den Haushalt der Stadt für das kommende Jahr ablehnten. Ausdrücklich in Frage gestellt wurde bei dieser Gelegenheit einmal mehr, dass man die Straße nur fertigbauen müsse und am Ende werde alles gut. Daran zu glauben fällt angesichts der wachsenden Verkehrslawinen, die in Freising auch 2019 zu beklagen waren, tatsächlich schwer.

© SZ vom 27.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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