Jahresabschluss-Gespräch:"Was soll da anderes rauskommen"

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Erich Irlstorfer hofft auf eine Entscheidung gegen den Bau der dritten Startbahn noch vor der Landtagswahl, womöglich auch durch eine neue Bürgerbefragung. (Foto: Marco Einfeldt)

Von Neuwahlen hält der CSU-Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer nichts, die Chancen für eine große Koalition beziffert er auf 60 zu 40. Untätig sind die Parlamentarier bis zu einer Regierungsbildung nicht, wie er versichert

Von Johann Kirchberger, Freising

Eigentlich, sagt der Freisinger Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer (CSU), eigentlich müssten es CDU/CSU und SPD hinbekommen, sich auf eine neue Regierung zu einigen. Die Chancen dafür beziffert er bei seinem Jahresabschluss-Gespräch im Weihenstephaner Bräustüberl auf 60 zu 40. Allerdings ist eine Neuauflage der großen Koalition für ihn nur die zweitbeste Lösung. "Jamaika wäre besser gewesen", sagt er. Inhaltlich habe man bei den Sondierungen ordentliche Lösungen erarbeitet, eine Koalition mit FDP und Grünen hätte er sich gut vorstellen können.

Eine Minderheitsregierung lehnt Irlstorfer ab, Neuwahlen hält er für problematisch, "was soll da anderes rauskommen". Deutschland brauche schon aus europapolitischen Gründen eine stabile und zuverlässige Regierung. Sollte es doch zu Neuwahlen kommen, so der CSU-Politiker auf Nachfrage, gehe er nicht davon aus, dass die Spitzenkandidaten erneut Schulz und Merkel heißen.

Dass die Abgeordneten derzeit nichts zu tun hätten, weil es unter der geschäftsführenden Regierung keine neuen Ausschüsse gebe, weist Irlstorfer zurück. Diese würden schon im Januar gebildet und auch in den vergangenen Wochen hätten die Abgeordneten in ihren jeweiligen Ressorts gezielt weiter gearbeitet und an den Sondierungsgesprächen teilgenommen. Er selbst sei für die Bereiche Gesundheit und Pflege dabei gewesen. Wenn jetzt mit der SPD verhandelt werde, müsse vor allem über die Bürgerversicherung gestritten werden, die Irlstorfer ablehnt. Man dürfe dieses Thema nicht nur aus der Sicht der Gerechtigkeit behandeln, sagte er, sondern müsse auch die fachliche Umsetzung betrachten. "Wir haben ein ordentliches Gesundheitswesen", betont der Abgeordnete, das bedeute aber nicht, dass da nichts zu verbessern wäre. Vor allem in der Pflege sei trotz aller positiven Neuerungen noch viel zu tun. Pflege sei ein absolutes Zukunftsthema. Als Erfolg der vergangenen vier Jahre wertet Irlstorfer in erster Linie die Ausbildungsreform in der Kinder-, Alten- und Krankenpflege. Dass in den Pflegeberufen generell zu schlecht bezahlt werde, will Irlstorfer zumindest für Bayern nicht gelten lassen. Allerdings sehe er schon auch die Notwendigkeit, einen bundeseinheitlichen Tarifvertrag abzuschließen. "Wenn man in einem Mangelberuf mehr Personal gewinnen will, muss man die Leute auch gut bezahlen", sagt er. Derzeit gebe es 3,6 Millionen pflegebedürftige Personen, bis 2030 komme eine Million dazu. Ohne zusätzliches Personal könne man diese Aufgabe nicht bewältigen. Bei seinen landesweiten Gesprächen mit Pflegekräften kristallisierten sich zwei Probleme heraus: "Die Leute klagen über zu wenig Personal und die zeitaufwendige Dokumentation". Da müsse man ansetzen.

Beschäftigt habe er sich in der abgelaufenen Legislatur auch intensiv mit einem neuen Messgerät für Blutzucker, das vor allem für Diabetes-Patienten große Verbesserungen bringe, sagt Irlstorfer. Ein Hersteller habe ihm das Gerät präsentiert, mit dem Messungen ohne Blut möglich sind. Er habe es im Selbstversuch getestet und eine Studie auf den Weg gebracht, im nächsten Jahr gehöre dieses Messgerät - "eine Revolution" - nun zur Regelversorgung und werde von den meisten Kassen bezahlt.

Was die dritte Startbahn anbelangt, werde sich durch den anstehenden Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten nicht viel ändern, glaubt Irlstorfer. Markus Söder habe noch nie verhehlt, für den Ausbau zu sein, habe aber stets erklärt, gegen eine Umwandlung der FMG in eine Aktiengesellschaft zu sein. Er selbst, so Irlstorfer, hoffe auf eine Entscheidung gegen den Bau der dritten Startbahn noch vor der Landtagswahl, womöglich auch durch eine neuerliche Bürgerbefragung. Überrascht sei er gewesen, dass die Grünen während der Jamaika-Sondierungen den Flughafenausbau nie zum Thema gemacht hätten.

© SZ vom 21.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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