18 Jahre nach Theo Weber:Die große Inszenierung

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CSU verklärt Nominierungsabend zur historischen Mission - erstmals seit 1994 tritt wieder ein eigener OB-Kandidat an

Kerstin Vogel

Eines zumindest war nach diesem Nominierungsabend in der Luitpoldhalle bewiesen: Die Freisinger CSU beherrscht das große Parteitagskino. Enge Tischreihen, Namensschilder für alle, die Rang und Namen haben; Stimmkarten, CSU-Devotionalien vom Textmarker über den Flaschenöffner bis hin zu einem auf kleinste Kleinheit zusammengepressten T-Shirt, das sich erst bei Kontakt mit Wasser zu wahrer Größe entfaltet.

Niemand darf vorzeitig in den Saal, schon gar nicht ohne Anmeldung, und die Kandidaten, Rudi Schwaiger und Tobias Eschenbacher, dürfen sich nicht mehr unter die Delegierten mischen, damit sie niemanden noch in letzter Sekunde beeinflussen können. Inwieweit sie das in den zurückliegenden Monaten versucht haben, davon wird noch die Rede sein.

Zu alledem spielen die Holledauer Hopfareissa - bis zum Einmarsch der Kandidaten die Hardrock-Hymne "Highway to hell" erklingt; das ist seit einem Herrn zu Guttenberg jederzeit parteiveranstaltungstauglich und es ist auch irgendwie lustig, weil sie ja beide Freisinger Oberbürgermeister werden wollen. Scheint ein Höllenjob zu sein.

Geradezu Pflicht sind bei der CSU bei diesen Gelegenheiten die markigen Worte - und der Ortsvorsitzende Erich Irlstorfer genoss zumindest diesen Hinweis sichtlich: Bei der CSU sei die Helfermannschaft größer als bei manch anderer Partei die Nominierungsveranstaltung, spottete er und gab sich dann dem Eigenlob hin: Die Freisinger CSU habe den Generationswechsel vollzogen.

Sie habe seit 2008 über 150 neue Mitglieder gewonnen, es sei gelungen, die Bürger zu begeistern. Der Unterschied zwischen den beiden Bewerbern sei nicht groß, es handele sich um absolute "Spitzenkräfte der Fraktion". An diesem Abend nun gelte es zu bestimmen, wer Mannschaftsführer wird, so Irlstorfer: "Wir sind eine Wohlfühlpartei, aber vor allem auch eine Mitmachpartei."

Der Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Florian Herrmann hatte zuvor ebenfalls für beide Kandidaten getrommelt - und den Umstand, dass die CSU erstmals seit 1994 überhaupt wieder einen Kandidaten für die Freisinger Oberbürgermeister-Wahl aufstellt, als "historisches Ereignis" bezeichnet. Egal wie dieser Abend ausgehe, werde man "ein ganz hervorragendes Angebot für die Bürger" haben, beide Bewerber könnten sich auf jeden Fall mit den bisher bekannten Kandidaten messen - er meinte Eva Bönig, die für die SPD, und Benno Zierer, der für die Freien Wähler Freisinger Oberbürgermeister werden will.

Doch geht es nach Herrmann, wird künftig erstmals ein CSU-Mann "die Geschicke der Stadt vom Fahrersitz aus lenken". Kampagnenfähig sei die Freisinger CSU wieder geworden, hat Herrmann dann auch noch bestätigt - und das scheint ein wichtiges Attribut zu sein; jedenfalls hat Irlstorfer es gleich noch einmal wiederholt; nur wenige Sätze darauf folgte die Bitte um "Mithilfe bei der Finanzierung so eines Kraftaktes"; vulgo: Spenden.

Für wen die Kampagne geführt werden soll, haben die 219 Delegierten dann in einer endlosen Abstimmung, zu der sie einzeln namentlich aufgerufen wurden, entschieden. 124 CSU-Mitglieder stimmten für Schwaiger, 95 für Eschenbacher - und vielleicht ist es ein bisschen bezeichnend, dass die beiden die Auszählung der Stimmen überwachen durften. Zumindest hier wollte man wohl einen möglichen späteren Verdachtsmoment ausschließen.

Spekuliert wurde anderntags vor allem in den Weiten des Internets trotzdem: Dass Neumitglieder eigens für diese Abstimmung zum Eintritt in die Partei bewogen worden seien, dass es vorab Beeinflussungsversuche gegeben habe, dass speziell Ältere animiert worden seien, an diesem Abend mit zu entscheiden - was man eben so spekulieren kann.

Passenderweise hat sich übrigens auch noch genau zum Zeitpunkt der Auszählung ein heftiges Gewitter über der Domstadt ausgetobt - und das zumindest hat der Ortsverband ganz sicher nicht inszeniert.

© SZ vom 09.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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