Interkulturelles Projekt-Seminar:Fußball verbindet, Nudelsalat spaltet

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Deutsch-arabische Geschichten: Schülerinnen des Camerloher-Gymnasiums und drei Flüchtlinge gestalten gemeinsam eine Lesung. (Foto: Marco Einfeldt)

Bei einer arabisch-deutschen Lesung am Uferlos-Festival stellen acht Schülerinnen des Camerloher-Gymnasiums gemeinsam mit drei Flüchtlingen Kurzgeschichten des Autors Rafik Schami, aber auch eigene Erlebnisse vor

Von Katharina Horban, Freising

"Wenn man Deutsche einlädt, bringen sie stets etwas mit: Eingekochtes vielleicht oder Eingelegtes, manchmal auch selbstgebackenen Kuchen und in der Regel Nudelsalat. Auch nach 30 Jahren in Deutschland finde ich Nudelsalat noch immer schrecklich." So beginnt die Kurzgeschichte "Eine deutsche Leidenschaft namens Nudelsalat" des aus Syrien stammenden Autors Rafik Schami. Diese und noch viele andere seiner Geschichten präsentieren acht Schülerinnen vom Camerloher-Gymnasium und drei syrische Flüchtlinge bei einer arabisch-deutschen Lesung im Nachhaltigkeitszelt auf dem Uferlos-Festival in Freising. In den vergangenen Monaten wurde im Projekt-Seminar unter Leitung von Silke Hatzinger ein abwechslungsreiches Programm entwickelt.

"Ich arbeite bei Bücher Pustet. Einmal hat mir meine Chefin ein Buch von Rafik Schami gegeben und das war echt interessant", erzählt Mohammad Al Kassas. Der 25-Jährige kommt aus Damaskus und ist seit knapp zwei Jahren in Deutschland. "Und außerdem bin ich seit sechs Monaten glücklich verheiratet", sagt er, als er sich dem Publikum vorstellt, und lacht. Nachdem ein kurzer Text über die arabische Erzähltradition in beiden Sprachen vorgelesen wurde, schildert der junge Mann, wie ihn diese in seiner Kindheit geprägt habe. Seine Oma habe ihm immer Gute-Nacht-Geschichten erzählt, diese seien aber in keinem Buch zu finden. Es waren die Geschichten seiner Oma.

Die drei syrischen Flüchtlinge wussten vor ihrer Ankunft auch ein paar Dinge über ihre neue Heimat: "Alles kommt regelmäßig und mit Termin." Die 18-Jährige Tala Al Housary berichtet von einem Onkel in Deutschland: "Mein Onkel hat mir gesagt: Die Leute in Deutschland helfen viel und sind immer pünktlich." Sie ist gemeinsam mit ihrer Familie geflüchtet und ist seit etwa eineinhalb Jahren hier, mittlerweile besucht sie die Integrationsklasse der Wirtschaftsschule in Freising. "Ja, also ich kannte die Allianz-Arena. Auf einem Spiel war ich auch schon", sagt der 16-Jährige Adeeb Dahkoul mit einem Grinsen. Damit sei ein Traum in Erfüllung gegangen und mit diesem Geständnis hat er auch die Lacher im Publikum auf seiner Seite. Er ist ohne seine Familie nach Europa geflüchtet und geht in die achte Klasse an der Paul-Gerhardt-Schule in Freising. "Aber eigentlich geht's mir ganz gut", sagt er.

Eine neue Sprache zu erlernen, ist für jeden schwer: Deutsch stellt dabei eine besondere Herausforderung dar. Die nächste Geschichte des Abends, "Der Leichenschmaus", beschäftigt sich mit den Eigenarten der deutschen Sprache. Der Autor schildert gekonnt sein Aufeinandertreffen damit - und es bleibt spannend bis zur nächsten Pointe. So wird die Schülerin beim Lesen der Geschichte oft vom lachenden Publikum unterbrochen. Auch Adeeb erinnert sich an ein Missverständnis: "Mir wurden am Anfang die Wörter 'scheiße' und 'hallo' falsch erklärt. Dann habe ich die vertauscht und die Leute haben mich komisch angeschaut."

Zum Abschluss liest Tala abwechselnd mit einer Schülerin des Camerloher-Gymnasiums kurze Beschreibungen der Stadt Damaskus vor: "Das Leben findet in den Innenhöfen statt. Die Straße gehört uns Kindern." Erst auf Deutsch, dann auf Arabisch. Die Syrer im Publikum verstehen es, die anderen lassen sich auf den Klang der Sprache ein. Alle drei Flüchtlinge haben bis zu ihrer Flucht in der syrischen Hauptstadt gelebt und erinnern sich daher gut an das Leben vor dem Krieg. "Wir haben fast immer auf der Straße gespielt. Ich glaube, ihr Deutschen nennt das Verstecken", erzählt Mohammad.

Tala gibt zu, dass ihre Lieblingsjahreszeit der Winter sei: "Ich liebe Schnee." Adeeb neben ihr kommentiert dies mit den Worten: "Hab ich doch gesagt, Deutschland passt für dich."

© SZ vom 23.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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