Integration von Asylbewerbern:Steiniger Weg ins Berufsleben

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Flüchtlinge mit hoher Bleibeperspektive dürfen arbeiten. Die Freisinger Arbeitsagentur hilft ihnen zusammen mit Behörden, Institutionen und Helferkreisen, ihre Kompetenzen auszuloten und Sprachbarrieren zu meistern

Von Tobias Wagenhäuser und Matthias Weinzierl, Freising

Flüchtlinge mit hoher Bleibeperspektive dürfen auch arbeiten. Um ihnen den Weg in den Beruf zu erleichtern, kooperieren die Mitarbeiter der Freisinger Arbeitsagentur eng mit Behörden, Helferkreisen, Bildungsträgern und Schulen. Ziel ist es, die Asylbewerber so früh wie möglich in den Arbeitsmarkt einzugliedern und sie so zu integrieren.

Die Arbeit für Flüchtlinge laufe momentan "zweispurig", berichtet Kathrin Stemberger von der Arbeitsagentur. Drei ihrer Kollegen seien abgestellt, um herausfinden, welches Potenzial in den 2000 Flüchtlingen im Landkreis stecke und welcher Fortbildungsbedarf bestehe. Bei den Besuchen in den Unterkünften seien die Asylsozialbetreuer ihr "verlängerter Arm", so Stemberger. Zeitgleich werde die Region auf geeignete Arbeitgeber abgeklopft. In einem Flyer mit der Aufschrift "Potenziale nutzen - geflüchtete Menschen beschäftigen" informiert das Amt die Unternehmen über Besonderheiten bei der Beschäftigung von Flüchtlingen, auch über Regularien. Geworben wird mit deren "oftmals überdurchschnittlichen Motivation". Viele von ihnen wollten ihre Verwandten im Herkunftsland unterstützen. Ihre Lern- und Leistungsbereitschaft kompensierten zum Teil fehlende Zeugnisse oder Sprachkenntnisse.

Um die Zeit bis zur Einstellung zu nutzen, besteht für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive Zugang zu Kursen. "Perspektive für Flüchtlinge" und "ganzheitliche Vermittlungsunterstützung" nennen sich diese und beinhalten neben Sprachkenntnissen und Bewerbungstraining einen "Echtbetrieb", der Kompetenzen feststellen soll. Im Laufe des Jahres wird das Kursangebot deutlich erweitert. Vor Kurzem ist unter dem Namen "ankommen" auch eine App für Flüchtlinge erschienen, mit Informationen und kleinem Sprachkurs.

Mangelnde Sprachkenntnisse bleiben oft eine Barriere. Das Arbeitsamt versucht sie durch enge Kooperation mit Ausländerbehörde, Caritas, Diakonie und den Helferkreisen zu lösen. Spricht ein Flüchtling Englisch oder Französisch, klappe die Kommunikation gut, meint Stemberger. Bei anderen Sprachen greife man auf die Kenntnisse von Mitarbeitern im Haus zurück oder schicke den Klienten mit seinem Formular zum zuständigen Sozialbetreuer. Dolmetscher habe man nämlich keine. Für geplante Personalaufstockungen seien Bewerber mit Migrationshintergrund sehr willkommen. Auf englischsprachige Formulare sei bewusst verzichtet worden, so Stemberger. Da sei es effektiver, die Zettel Schritt für Schritt mündlich mit einem Dolmetscher durchzugehen, um Missverständnisse zu vermeiden. Damit alles möglichst reibungslos funktioniert, hat sich das Amt schon im Vorfeld mit Helferkreisen vernetzt. Auch weiterhin fänden regelmäßige Treffen statt. "Schließlich lernen gerade alle dazu", sagt Stemberger.

Auch Andreas Bochinski, Berater für Asylsuchende bei der Caritas, hält die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt für ein konstruktives Unterfangen. Zwei Mitarbeiter seien bei der regionalen Zentrale der Bundesagentur speziell für diese Aufgabe eingestellt worden. Nach dem Eindruck, den diese beiden bei ihrer Vorstellung vermittelt haben, meint er: "Die bringen Schwung in die Sache!" Seiner Meinung nach wird die Frage, wie Flüchtlinge an einen Job kommen, "das Thema 2016". Im Beruf lerne man Leute besser kennen und werde so Teil der Gesellschaft: "Arbeit ist besser als jeder Integrationskurs."

Auf die Frage, ob es für einen Ungelernten besser wäre, zuerst eine Ausbildung abzuschließen, meint Bochinski, dass jede Gelegenheit, ins Berufsleben einzusteigen, genutzt werden sollte. Nur sollte danach weiterhin Motivation vorhanden sein, sich weiterzubilden. Die Angebote des Arbeitsamts seien nur für erfahrene Kräfte gut. Die Firmen aus der Umgebung seien für das Thema sensibilisiert. Allerdings meint er, dass Informationsmaterial des Arbeitsamts auf Arabisch oder Englisch hilfreich wäre.

Nur der ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuer Reinhard Kastorff kritisiert das System: Das Landratsamt prüfe nur Formalitäten. Ohne die Ehrenamtlichen wäre das, was jetzt alles laufe, nicht möglich, sagt er. Wer ohne Vorwissen mit der deutschen Verwaltung klarkommen müsse, brauche immer Hilfe -egal ob Deutscher oder Syrer.

© SZ vom 21.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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