Im Raum der Begegnung:Der Club der Englisch sprechenden Familien

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Sie kommen aus England, Slowenien, Italien oder Deutschland. Im "Raum der Begegnung" im Haus der Vereine sprechen sie alle Englisch. (Foto: Marco Einfeldt)

Väter und Mütter von Kleinkindern treffen sich im Raum der Begegnung, um soziale Kontakte zu knüpfen

Von Rebecca Seeberg, Freising

Nova brüllt. Der kleine Junge ist erst vor Kurzem geboren worden, hat aber schon ein gewaltiges Stimmorgan, mit dem er sich bemerkbar macht. Sein älterer Bruder sitzt auf dem andern Bein seiner Mutter und lehnt sein müdes Gesicht an ihre Schulter. "Kann sich jemand um Nova kümmern?", ruft Kaylee Kübeck über den allgemeinen Lärm hinaus und ganz selbstverständlich nimmt eine der anderen Frauen ihr das Kind ab und wiegt es in ihren Armen, bis es ruhig ist.

Seit Oktober 2014 leitet Kaylee Kübeck den Treff für Englisch sprechende Familien im Raum der Begegnung im Haus der Vereine. "Als Mutter mit kleinen Kindern ist es schwierig, aus dem Haus zu kommen und sich mit seinen Freunden zu treffen, noch dazu, wenn diese im ganzen Landkreis verstreut wohnen", erzählt sie. Umso schwieriger muss es für eine Mutter sein, die erst seit kurzem in Deutschland wohnt und aufgrund ihrer Verpflichtungen zu Hause kaum Zeit hat, soziale Kontakte zu knüpfen.

Der Raum der Begegnung sei wie ein Segen für Kaylee Kübeck und ihre ebenfalls englisch sprechenden Freundinnen gewesen. Mittlerweile erfreut sich die Gruppe an regem Interesse. So sind Frauen aus Italien, Slowenien, den Vereinigten Staaten, England und sogar eine Mutter aus Deutschland mit ihren Kindern dabei. Im Durchschnitt kommen pro Woche sieben Teilnehmerinnen, die einzige Bedingung für die Frauen besteht darin, dass sie sich untereinander auf Englisch unterhalten.

Die New Yorkerin Samara Kolditz hat in der Gruppe eine große Bereicherung für ihrem Leben in Deutschland gefunden. Kaylee sei wie ein "Welcoming Wagon" für Englisch sprechende Mütter, erzählt sie. Kübeck nickt. In ihrer Gruppe stehe vor allem das soziale Miteinander im Vordergrund, auch für die Kinder, die meist zwischen wenigen Wochen und drei Jahren alt sind. Dabei sei es ihr wichtig, dass kein Druck herrsche. "Die Treffen laufen ganz ungezwungen ab. Unsere Kinder können zusammen spielen und wir haben die Möglichkeit uns auszutauschen", erklärt sie.

Die Gründerin der Gruppe kommt ursprünglich aus der Stadt Portland in den Vereinigten Staaten und ist, wie viele der anderen Frauen auch, ihrem deutschen Mann in dessen Heimat gefolgt. "Als wir uns darüber unterhalten haben, wo wir unsere gemeinsamen Kinder großziehen möchten, haben wir uns ganz bewusst für Deutschland entschieden, weil es hier einfach bessere Sozialleistungen gibt", erzählt sie.

Zu Samara Kolditz Entscheidung, mit ihrem Mann in Deutschland zu bleiben, habe das zwar nicht maßgeblich beigetragen, doch von den deutschen Regelungen profitiert auch sie. "Hier ist es finanziell möglich, mit den Kindern über einen längeren Zeitraum zu Hause zu bleiben, aufgrund von staatlich geförderten Maßnahmen, wie Kindergeld oder Elternzeit. In den USA bekommt man für genau sechs Wochen bezahlte Elternzeit, nach zwölf Wochen sollte man wieder arbeiten", berichtet Samara Kolditz. Genügend Zeit für ihre Kinder oder für Mutter-Kind-Gruppen, wie beispielsweise den Englisch sprechenden Familientreff, könnten sich Frauen in vielen anderen Ländern schlichtweg finanziell nicht leisten.

Jeden Mittwoch zwischen neun und elf Uhr treffen sich die Englisch sprechenden Familien im Raum der Begegnung am Major-Braun-Weg.

© SZ vom 14.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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