Im Freisinger Stadtrat:Allerletzte Seitenhiebe

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OB Thalhammer leitet die Sitzung gewohnt professionell, bevor er schließlich seine Amtskette ablegt

Kerstin Vogel

Die Szene zum Beginn von Dieter Thalhammers letzter Stadtratssitzung als OB hat viel über ihn ausgesagt: Da verwickelt ihn sein Lieblingskollege Eckhard Kaiser (Linke) einmal mehr in eine Debatte über die Tagesordnung und Anträge der Linken, die darauf nicht vorkommen, und Thalhammer reagiert gewohnt verschnupft. Er erklärt präzise, warum die Tagesordnung so ist, wie sie ist und wann man sich mit den Ansinnen der Linken befassen wird; er platziert - unnachahmlich - den einen oder anderen Seitenhieb, weil Kaiser halt doch oft fehlt in den Sitzungen; und dann atmet er durch und schaltet um: Stimme freundlich, Gesicht entspannt, steht er auf, um Kaiser zum Geburtstag zu gratulieren.

Seine Leidenschaft für die Stadtpolitik und deren korrekte Abwicklung ist da ebenso zum Ausdruck gekommen wie seine Professionalität, Eigenschaften, die später von den anderen Stadtratsfraktionen noch ausführlich gelobt werden. Vorher aber wird dem OB selber auch noch gratuliert. 69 ist er am Tag seiner letzten Stadtratssitzung geworden - und es ist gleichfalls bezeichnend für ihn, dass er zwischen den Glückwünschen zum Geburtstag und der feierlichen Übergabe der Amtskette an seinen Stellvertreter noch schnell acht Tagesordnungspunkte abarbeiten lässt; darunter der nicht ganz unwichtige Beschluss, die Eishalle zu bauen.

Natürlich hat er eine Rede vorbereitet - obwohl, ein Abschied ist es ja noch gar nicht, Thalhammer arbeitet bis zum 30. April, dem letzten Tag seiner Amtszeit. Eine Rede also für diesen Abend, an dem er die von ihm sehr hoch bewertete Amtskette ablegt; "ein "eindringliches Symbol der kommunalen Selbstverwaltung" nennt er sie; die Kette vor dem Stadtrat abzulegen, sei "ein Gebot der Achtung dieses Gremiums und der Öffentlichkeit". Natürlich verbindet er auch Erinnerungen mit dem Symbol: Mit der Amtskette durfte er vor den Papst treten - oder insgesamt 160 Trauungen vornehmen, "ein wirkliches Anliegen", wie er sagt.

Mit Respekt und Anerkennung" hat sein Stellvertreter Rudi Schwaiger (CSU) die Kette dann auch in Empfang genommen. Er bescheinigte Thalhammer, die "Lebensfragen dieser Stadt maßgeblich beeinflusst zu haben". Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionssprecherin Heidi Kammler. Thalhammer habe für Freising gelebt und gearbeitet. Er sei Freisinger aus Überzeugung und aus Leidenschaft und habe seine sozialdemokratischen Wurzeln nie verleugnet. Er habe "als Grünschnabel" im Stadtrat von Thalhammer viel gelernt, lobte Grünen-Sprecher Jürgen Maguhn, unter anderem, dass der Stadtrat als Kollegialorgan funktioniere.

Nachfolger Tobias Eschenbacher (FSM) nannte Thalhammer "den größten Lokalpatrioten, den ich kenne" und bescheinigte ihm, die Stadt in seiner Amtszeit zum Positiven verändert zu haben. CSU-Fraktionsführer Erich Irlstorfer erinnerte daran, dass die CSU bei früheren Wahlen sogar auf einen Gegenkandidaten für Thalhammer verzichtet habe: "Mehr Wertschätzung kann man nicht zum Ausdruck bringen." Thalhammer sei es gelungen, enorme Kräfte in Freising freizusetzen, bestätigte für die FDP Anna Maria Sahlmüller, Ulrich Vogl (ÖDP) betonte sein "ganz außerordentliches Engagement", während Richard Grimm (Freie Wähler) hervorhob, dass Thalhammer als OB immer präsent und ansprechbar für die Bürger gewesen sei. Und ganz am Ende trat versöhnlich auch Lieblingskollege Kaiser noch ans Rednerpult und dankte Thalhammer, bevor es nach einer 15-minütigen Umtrunk-Pause noch nicht-öffentlich weiterging - natürlich mit der Arbeit.

© SZ vom 20.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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