Hotel "Zur Gred":Gewissensfrage für den Stadtrat

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Lokalpolitiker müssen zwischen Allgemeininteresse und Baurecht abwägen

Kommentar von Kerstin Vogel

Das Dilemma, in dem sich die Freisinger Stadträte am Mittwoch im Planungsausschuss befunden haben, ist nicht neu: Ein Bauherr möchte für sein Eigentum Pläne umsetzen, die zwar nicht unbedingt im Interesse der Allgemeinheit sind, die rein rechtlich aber genehmigt werden müssen. Im aktuellen Fall des ehemaligen Hotels "Zur Gred" soll im Erdgeschoss die einstige Gastronomie für zunächst fünf weitere Jahre verschwinden, ob sie danach jemals wieder zum Leben erweckt wird, darf zumindest bezweifelt werden.

Den Stadträten, die es mit der Sanierung und Neugestaltung der Innenstadt zum Zwecke der Wiederbelebung ernst meinen, kann und darf so etwas nicht egal sein. Wenn man von Lebensqualität in einer Stadt spricht, ist es schon ein Unterschied, ob mitten in der Altstadt in einem denkmalgeschützten Gebäude ein Restaurant im Erdgeschoss nicht nur Speisen serviert, sondern auch Vereinen und Parteien eine Heimat bietet - oder ob dort in Zukunft wechselnde Arbeiter wohnen, die zu der Stadt und ihren Bürgern keinerlei Bezug haben. Da ist die Empörung von FW-Stadtrat Robert Weller durchaus nachvollziehbar, der sich nicht zu einem "Abstimmungsautomaten" mit vorgegebenem Ergebnis degradiert sehen will.

Umgekehrt haben der Oberbürgermeister und CSU-Stadtrat Rudi Schwaiger natürlich recht, wenn sie die rebellierenden Kollegen darauf hinweisen, dass man nicht einfach gegen die Gesetzeslage abstimmen kann. Schwaigers Verweis auf den geleisteten Amtseid erscheint gleichwohl ein wenig hoch gehängt. Natürlich verpflichten sich die Stadträte mit der Eidesformel darauf, den geltenden Gesetzen zu gehorchen. Sie versprechen aber auch, ihre Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen - und dazu darf man wohl schon auch rechnen, dass bei der Genehmigung einzelner, privater Vorhaben das große Ganze im Auge behalten wird - zumal die Grünen mit der beantragten Vertagung zur Aufstellung eines Bebauungsplans sogar eine rechtlich gangbare Alternative aufgezeigt hatten.

Dass deren Umsetzung am Ende mit knapper Mehrheit abgelehnt wurde, ist nun hinzunehmen - zumindest aber hat der Ausschuss das für die angestrebte Belebung der Freisinger Innenstadt nicht eben förderliche Vorhaben nicht einfach nur durchgewunken.

© SZ vom 10.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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