Was ist das für ein Ding, so ein Text? Schwarze Buchstaben auf einer weißen Seite, eine Aneinanderreihung von Wörtern, leere und vollgeschriebene Zeilen, Inhalt, der zum Nachdenken anregt. Oder viel mehr? "Text" des Schweizer Autors Jérôme Junod macht sich selbst zum Inhalt und doch dringt er tief in unsere Wirklichkeit ein. Es ist ein geschliffen scharfes Stück. Das "Kreative-Schauspiel-Ensemble", kurz KSE, hat am Mittwochabend mit einer beeindruckenden Inszenierung Premiere gefeiert.
Man könne ihn lesen und spielen, schreibt der Text über sich selbst. Doch schon hat er Mitleid mit den Schauspielern: "Das will ich sehen, wie mich jemand verkörpert, als wäre ich ein Charakter." Schließlich ist er ein Fließtext, ganz ohne Rollen, ohne Regieanweisungen. Der Text schlägt vor, man könne ihn doch auf mehrere Stimmen aufteilen. Also hat sich das weibliche Regieteam, Andrea Henze und Svenja Vogel, zusammengesetzt und die 25 Seiten untersucht, in Abschnitte unterteilt und letztendlich Rollen herausgearbeitet. Das Ergebnis ist die an diesem Abend überragende Drei-Herren-Besetzung gespielt von Alexander Kampmeier, Philipp Metzner und Philipp Schreyer.
"Ich bin ein Text", heißt es immer wieder. Daher auch die Fragen: Liest du mich oder hörst du mich? Und wann bin ich eigentlich? Dann wenn ich geschrieben werde oder wenn ich gelesen werde? Oder bin ich sogar ganz darüber hinaus, weil meine Gedanken weitergetragen werden? Und was ist, wenn ich zu Ende bin? "Ich bin unsterblich", sagt der Text und führt schmerzlich vor Augen, dass die Leser es nicht sind. Man könne bei einem Text ja auch gleich auf die letzte Seite blättern und den Schluss lesen. So gibt es doch immer einige, die bei einem Buch das letzte Kapitel lesen und erst, wenn sie dieses für gut befinden, sich den Rest vornehmen. Doch "Text" kürzt nicht ab, das Publikum kann die 25 Seiten voll auskosten. Es geht um Kultur, große literarische Werke, schlaue Denker sowie das eigene Sein, und doch hangelt sich der Text immer an sich selbst entlang. Er hat sogar etwas Emanzipatorisches, kritisiert die Benachteiligung der Frauen in der Arbeitswelt. Auch wenn "Text" von einem Mann geschrieben wurde, will er ungeschlechtlich sein.
Das Stück auf die Bühne zu bringen, ist herausfordernd und mutig. Mit der klugen Dialogwahl und Choreografie hat es das KSE geschafft, die statische Vorlage zum Leben zu erwecken. Die jungen Theatermacher haben mit ihrer kreativen Inszenierung bewiesen, dass ein schlichtes, aber raffiniertes Bühnenbild und talentierte Schauspieler reichen, um die Zuschauer in den Bann zu ziehen.
Weitere Aufführungstermine: Sonntag, 21. Januar, um 16 Uhr, Donnerstag, 25., und Samstag, 27. Januar, sowie Freitag und Samstag, 2./3. Februar, jeweils um 20 Uhr im Vis-à-Vis (Altes Juz), Kölblstraße 2. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.