Härtinger-Haus in Freising:Nach dem Lob folgt die Tristesse

Lesezeit: 2 min

Der Hinterhof des Härtinger-Hauses steht aus Brandschutzgründen leer. Nun ist auch eine Wohnbebauung gescheitert.

Sabina Dannoura

Mit dem Prädikat "Gute Baugestaltung im Landkreis Freising" ist vor fünf Jahren das Härtinger-Haus an der Oberen Hauptstraße 26 ausgezeichnet worden. Die Jury lobte seinerzeit den ausgesprochen gelungenen Umbau des barocken Gebäudes, das bis zum Jahr 2000 eine Autowerkstatt beherbergt hatte und für ein Einrichtungshaus völlig neu gestaltet wurde.

Nur im vorderen Bereich herrscht Leben im alten Härtinger-Haus. Im Hinterhof sind bisher alle Nutzungsvorschläge abgelehnt worden, weil ein zweiter Fluchtweg fehlt. Nun versuchen es die Inhaber mit dem Bau von Wohnungen. (Foto: Marco Einfeldt)

Die harmonische Verbindung von historischer Bausubstanz, die bis zum Jahr 1601 zurückreicht, und modernen Akzenten gilt als vorbildlich. "Die Linie", wie sich der 2002 eröffnete Möbelladen nach dem im Boden versenkten Lichtband in dem 93 Meter langen Gebäude nannte, schloss jedoch bereits Mitte 2007 - die Räume standen lange Zeit leer.

Mittlerweile ist wieder Leben in das einstige Domherren-Haus eingekehrt - eine Bäckerei mit Bistro und ein Bekleidungsgeschäft konnten angesiedelt werden. Die etwa 780 Quadratmeter große Halle sowie zwei Glaspavillons im Hinterhof stehen allerdings noch immer leer. Die Erben von Hans Härtinger möchten diesen Trakt nun der Abrissbirne opfern: Ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen, darunter eine Tiefgarage, schwebt ihnen vor.

Als Antragsteller fungiert die "TerraCin Wohnbau GmbH", deren Pläne am Mittwoch im Bauausschuss der Stadt Freising vorgestellt wurden. So ist nördlich des Bistros Panino der Abbruch der früheren Kfz-Werkstätte geplant. Dort hatte der Möbelhaus-Inhaber Rupert Schröttle versucht, Veranstaltungen und Ausstellungen zu etablieren. Diese Nutzung war ihm jedoch untersagt worden - es fehlt ein zweiter Fluchtweg.

Später scheiterte auch Immobilienmakler Andreas Goclik an einer Vermarktung: Vorliegende Anfragen für einen "Event-Bereich" könnten aus Brandschutzgründen nicht aufgegriffen werden, berichtete dieser vor drei Jahren der SZ. Auch andere Ideen wie ein Shop-in-Shop-System oder die Unterbringung einer Tanzschule ließen sich nicht realisieren.

Nun wollen die Hausbesitzer offenbar nicht länger auf einen Mieter warten. Die riesige Halle mit den Klinkerböden soll weichen, ebenso der Hinterhof mit den Pavillons aus Glas, in denen sich früher die Büros von Schröttle sowie Michael Deppisch - Architekt der preisgekrönten Umgestaltung - befanden. An dieser Stelle soll ein dreistöckiges Gebäude, 15 mal 20 Meter Grundfläche, mit Flachdach entstehen. Unter dem Haus würde die Tiefgarage mit 13 Parkplätzen gebaut, die nur durch einen Autoaufzug von der Kochbäckergasse aus erreichbar wäre: Denn es gilt zwischen der Gasse und dem Hinterhof einen Höhenunterschied von etwa fünf Metern zu überwinden.

Das Landesamt für Denkmalschutz ist mit diesem Vorhaben im Binnenbereich der historischen Altstadt nicht einverstanden. Christoph Spieß vom Bauamt berichtete den Stadträten, die Gebäudegestaltung und insbesondere das Flachdach würden von der Behörde abgelehnt; kritisch werde weiterhin die Erschließung des Mehrfamilienhauses gesehen. Von der Oberen Hauptstraße aus - durch die Geschäftspassage des Härtinger-Hauses - kann kein Weg geschaffen werden. Vorgesehen ist vielmehr, den Zugang über die Kochbäckergasse 6 zu organisieren. Dafür muss ein Nebengebäude abgebrochen werden, der Weg führt aber auch dann über fremdes Privateigentum.

Die Erschließung erwies sich bei der Beurteilung der Pläne als Knackpunkt. Hat sich die Stadt Freising doch unlängst für das Gelände zwischen Ziegel- und Kochbäckergasse eine städtebauliche Feinuntersuchung präsentieren lassen, die eine Verlängerung der Ziegelgasse (westliche Stichstraße) vorsieht, um dort neuen Baugrund zu erschließen. "Wir haben viel Geld in die Feinuntersuchung gesteckt, an der man sich orientieren könnte", beklagte sich Planungsreferent Anton Frankl (CSU). Er lehne deshalb das Vorhaben "rundweg" ab, sagte er. Diese Auffassung teilten die Stadträte einstimmig.

Ein Ersatzbau scheint somit nur denkbar, wenn die Pläne nachjustiert werden: Das Haus müsste deutlich kleiner ausfallen, sich in das historische Altstadt-Ensemble gestalterisch einfügen und der Zugang mit den langfristigen Plänen der Stadt für dieses Viertel harmonisieren.

© SZ vom 06.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: