Händler wollen Hilfe:Ruf nach einem "Kümmerer"

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Handwerker und Gewerbetreibende formulieren bei einer SPD-Veranstaltung ihre Wünsche an die Stadt Freising

Johann Kirchberger

Wenn umgesetzt würde, was beschlossen wurde, wäre Markus Kleindienst sehr zufrieden: Der Vorsitzende der Efi (Einkaufszentrum Freisinger Innenstadt) lobte bei einer SPD-Veranstaltung über die Wirtschafts- und Wachstumsregion Freising die Innenstadtkonzeption. Dieses Konzept müsse auf dem Schreibtisch bleiben und dürfe nicht in einen Schreibtisch wandern, sagte er. Für besonders wichtig hält er dabei den niveaugleichen Ausbau der Hauptstraße. "Wir haben eine tolle Innenstadt", lobte er. Nun gelte es, die 23 Punkte aus der Konzeption zu realisieren. Jetzt noch einmal umzuschwenken und das Geld für die Sanierung eines einzigen Gebäudes, des Asamkomplexes, zu verwenden, wäre fatal. Die momentanen Leerstände in der Innenstadt seien zwar ein Problem, sagte Kleindienst, und gab dafür den horrenden Mieten die Schuld. Aber die meisten Läden würden bald wieder vermietet, "es geht weiter, Interesse ist da".

Die Efi selbst brauche mehr Mitglieder und mehr Geld, um etwas bewegen zu können, sagte Kleindienst. Derzeit gingen 80 Prozent der Mitgliedsbeiträge für die Weihnachtsbeleuchtung drauf, zu viel, wie er fand. Das sah auch Andrea Beck-Baumann vom Gewerbeverband so. Diese Beleuchtung sei Aufgabe der Stadt, erklärte sie - eine Ansicht, der OB-Kandidatin Eva Bönig zumindest nicht widersprach. Auch Beck-Baumann lobte die Innenstadtkonzeption. Wünschen würde sie sich aber auch ein Wirtschaftskonzept, denn "Freising ist mehr als die Innenstadt". Der OB sei zwar da, "wenn wir ihn brauchen", sagte sie auf eine Nachfrage, aber es fehle ein "hauptberuflicher Kümmerer", der sich mit den Betrieben zusammensetze. Dieser müsse von der Stadt bezahlt werden, forderte sie, die nehme ja die Gewerbesteuer ein.

Ein anderes Thema des Abends war die Grundstückspolitik der Stadt. 330 Euro pro Quadratmeter habe die Kreishandwerkerschaft für ihr Grundstück in den Clemensängern bezahlt, sagte Kreishandwerksmeister Martin Reiter, das könne sich ein Handwerksbetrieb nicht leisten. Hier wünsche er sich mehr Entgegenkommen der Stadt. Viele kleinere Betriebe ziehe es wegen der hohen Preise ins Umland, wo man noch für 50 Euro Grund bekomme. Sie würden 20 Minuten Anfahrtszeit in Kauf nehmen. Eine gefährliche Entwicklung, sagte Beck-Baumann, die diese Tendenz bestätigte. Notwendig wären Mischgebiete, in denen ein Handwerker eine Werkstatt mit Wohnhaus bauen könnte, "aber da ist nichts im Angebot". In der Diskussion wurde auch bemängelt, dass Freising auf die Ansiedlung von Logistikunternehmen verzichtet hat. "Die Lastwagen fahren trotzdem durch Freising, wir haben die Abgase und die Langenbacher die Gewerbesteuer", kritisierte etwa Ludwig Huber.

Kein gutes Haar wurde auch an der Vergabe von städtischen Aufträgen gelassen. Der Billigste sei manchmal der Teuerste, gab der frühere Kreishandwerksmeister Hans-Paul Kuffner zu bedenken. Vergleichsangebote dürften auch nicht in der Oberpfalz eingeholt werden, sondern im Münchner Umland, forderte OB-Kandidat Helmut Priller (ÖDP), der als Innungsmeister der Heizungsbauer sprach. Natürlich sei der Freisinger Handwerker gegenüber der Konkurrenz im Bayerischen Wald teurer, räumte Kleindienst ein, "aber der Freisinger wohnt hier und zahlt hier seine Steuern".

Eva Bönig stimmte zu. Auch sie fände es richtig, einheimische Firmen mehr zu berücksichtigen. Um dabei nicht gegen Vorschriften zu verstoßen, müsse man eben ein wenig "erfinderisch" sein. Mit gutem Beispiel vorangehen müsse die Stadt, forderte Christian Giersdorf von den Wirtschaftsjunioren, sie müsse die hier ansässigen Handwerker beauftragen. Aber über die VOB - das ist die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - und wie sie angewandt werde, "diskutieren wir schon seit 25 Jahren, ohne dass etwas passiert", sagten übereinstimmend Reiter und Kuffner.

Wünsche durften auch noch geäußert werden: "Die Konzepte umsetzen", sagte Kleindienst, die Stärken der Stadt herausstreichen, ergänzte Beck-Baumann, attraktive Arbeitsplätze schaffen und auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf achten, forderte Giersdorf. Dass "Freisinger in Freising einkaufen und Freisinger Firmen beauftragen", wünschte sich Reiter. Und Bönig? Sie will das "Wir-Gefühl" stärken. Jeder Bürger solle stolz sein, Freisinger zu sein. Wenn sie zur Oberbürgermeisterin gewählt werde, sollten die Bürger nach acht Jahren sagen können: "Wir haben damals die richtige Entscheidung getroffen."

© SZ vom 09.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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