Haag:Rohrbrüche kommen immer nachts

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Kritischer Blick: Horst Franke ist dafür verantwortlich, dass in neun Gemeinden die Wasserversorgung funktioniert. (Foto: Marco Einfeldt)

Horst Franke von der Baumgartner Gruppe wacht über ein 180 Kilometer langes Wasserleitungsnetz und ist immer zu erreichen. Auch wenn es lange heiß ist, darf bei den Kunden der Quell nicht versiegen

Von Katharina Aurich, Haag

Horst Franke ist ein Alleskönner, denn der Wassermeister der Baumgartner Gruppe muss für technische Notfälle gewappnet sein - und immer freundlich bleiben. Zum Verband gehören Attenkirchen und Haag sowie Teile von Zolling, Wolfersdorf, Mauern, Au, Moosburg, Nandlstadt und Wang. Alle sechs Jahre wechselt Franke in den Häusern die Wasserzähler aus. Gleichzeitig hat er immer seinen Computer im Auge, in den die Daten der verschiedenen Messpunkte im Netz einfließen, sodass er weiß, was in "seinen" Leitungen passiert. Rund um die Uhr ist er erreichbar, damit die Kunden immer sauberes Trinkwasser zur Verfügung haben - und das kostet einen Cent je zehn Liter.

SZ: Woher kommt das Wasser, das der Verband verkauft?

Franke: Wir sind seit 1977 Wassergast der Hallertauer Gruppe mit Sitz in Au, von dort beziehen wir unser Trinkwasser. Es wird aus Tiefbrunnen gefördert, 750 000 Kubikmeter fließen jedes Jahr durch zwei Übergabeschächte direkt in unser 180 Kilometer langes Versorgungsnetz. Die Leitungen überbrücken Höhenunterschiede von 100 Metern. Die Sicherung der Versorgung, zum Beispiel wenn es lange heiß ist und viel Wasser gebraucht wird, gewährleistet der Wasserturm in Berging, der 1000 Kubikmeter fasst.

Was sind Ihre Aufgaben als Wassermeister?

Grundsätzlich sorge ich mit meinem Kollegen Michael Müller dafür, dass das Trinkwasser störungsfrei in alle Haushalte fließt. Dafür sind wir beide den ganzen Tag draußen unterwegs. Wenn neue Leitungsstücke verlegt werden, dann arbeiten wir gemeinsam mit den Baggerfirmen, sie graben und wir verlegen. Rohrbrüche reparieren wir selbst und natürlich verlegen wir auch Hausanschlüsse.

Wie wird man Wassermeister?

Als Voraussetzung braucht man eine abgeschlossene Lehre, Berufserfahrung, einen Elektrikerkurs und den Ausbilderschein. Inhalt des Meisterkurses sind Berechnungen. Wie berechne ich Leitungen und Pumpen, wie baut man Brunnen oder Hochbehälter? Dazu kommen elektronische Überwachungssysteme und natürlich als ein Schwerpunkt Hygienevorschriften.

Wie bemerken Sie Rohrbrüche?

Da unsere Leitungen meist in lehmigen Böden liegen, drückt es das Wasser, das aus einem Loch oder Riss im Rohr austritt, an die Oberfläche und wir werden von Anwohnern benachrichtigt. Grundsätzlich sind wir rund um die Uhr erreichbar, merkwürdigerweise passieren Rohrbrüche meist nachts oder am Wochenende. Wir haben 100 Schächte, über die wir an die Leitungen gelangen, davon sind 16 mit Zählern ausgerüstet. Sie melden laufend über Funk an unsere Computer, wie viel Wasser durch sie hindurch fließt. Daher haben wir immer einen Überblick, was im Netz passiert. Wenn beispielsweise nachts plötzlich viel mehr Wasser als üblich fließt, dann wissen wir, dass etwas nicht stimmt und machen uns entlang der Leitungen auf die Suche nach dem Leck.

Das sind erhebliche Verluste.

Zum Glück konnten wir in den vergangenen Jahren die Wasserverluste auf rund drei bis fünf Prozent unserer Einkaufsmenge reduzieren, weil wir kontinuierlich größere Leitungsstücke erneuern. Im freien Gelände kostet ein Meter neue Leitung rund 100 Euro, in den Ortschaften ist die Sanierung wesentlich aufwendiger, da Straßen aufgerissen und wieder asphaltiert werden müssen, dort kostet ein Meter rund 300 Euro.

Woher wissen Sie, wo die Wasserleitungen genau verlaufen?

Natürlich haben wir Pläne und derzeit erfassen wir das komplette Netz digital. Wichtig ist auch die langjährige Erfahrung. Die Schieber, mit denen man Leitungsstücke beispielsweise nach einem Rohrbruch abtrennen kann, sind mit Schildern an Hausmauern oder an Pfosten markiert. Manche stehen auf Äckern. Wir kontrollieren sie regelmäßig und reparieren sie wenn nötig. Von unseren vielfältigen Aufgaben sind nur diese Schilder und der Wasserturm zu sehen, das Herzstück des Verbandes, das rund 180 Kilometer lange Hauptleitungsnetz, ist unsichtbar.

Wann wird es schwierig, Leitungen zu reparieren?

Im Winter, wenn der Boden gefroren ist. Es ist schwierig, die lecke Stelle zu finden, da das Wasser sich ja im Boden verteilt. Dann muss man den gefrorenen Boden aufgraben. Letzten Winter hatten wir diesen Fall bei minus 15 Grad, das macht keinen Spaß.

Wie reagieren die Kunden, wenn Sie in einem Ort das Wasser abstellen müssen?

Wir leben hier auf dem Land, die Menschen sind verständnisvoll, und es passiert ja auch sehr selten. Innerhalb eines Tages ist der Schaden meist behoben. Wir arbeiten mit Baggerfirmen zusammen, die rund um die Uhr kommen. Viel problematischer ist der Wasserstopp aber für die Tiere in den landwirtschaftlichen Betrieben. Sie können sich nicht mit Mineralwasser behelfen. Sie brauchen viel Wasser, besonders Schweine, die nicht schwitzen können, sondern sich mit Wasser kühlen. Einige Betriebe haben eigene Brunnen, aber längst nicht alle. Für sie wäre ein Tag ohne Wasser eine Katastrophe, aber auch für diesen Fall haben wir Notfallpläne, beispielsweise zusammen mit der Feuerwehr Wasserschläuche zu verlegen.

Das Wasser kommt mit immer gleichem Druck aus den Hähnen, aber die Landschaft ist hügelig, wie geht das?

Unser Leitungsnetz überwindet 100 Höhenmeter, am Ausgang des Wasserturms hat das Wasser einen Druck von 2,5 Bar, an der tiefsten Stelle des Netzes 12,5 Bar. Daher haben wir im Netz Druckminderer eingebaut, dies ist allerdings nicht überall möglich. Der hohe Druck belastet natürlich unsere PVC-Rohre und kann sie sprengen. In jedem Haushalt befindet sich hinter dem Zähler ein kleines Gerät, das den Druck auf vier Bar reduziert.

Welche Herausforderungen stellen sich dem Zweckverband?

Ländliche Gebiete haben Vorteile, aber für einen Wasserversorger auch ganz klar Nachteile, denn für relativ wenige Verbraucher muss ein langes Leitungsnetz unterhalten werden. Wir haben Weiler mit ein, zwei Kunden, da führt eine 500 Meter lange Leitung hin. Natürlich ist das in dicht besiedelten Gebieten wirtschaftlicher.

© SZ vom 03.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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