Guter Einstand:Entschleunigen beim Einkaufen

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Seit einigen Wochen gibt es den verpackungsfreien Laden "Fräulein Lose". Auch als Treffpunkt wird er geschätzt

Von Gudrun Regelein, Freising

Es duftet verführerisch nach Curry. "Die Jungs von der Oberbank kommen extra deswegen", sagt Daniela Kronpass. Sie kocht an diesem frühen Dienstagmittag gerade das Gericht aus Linsen und Karotten, dazu gibt es Reisbällchen. In "Fräulein Lose", dem ersten vollkommen verpackungsfreien Laden Freisings der Schwestern Daniela und Lisa Kronpass gibt es nicht nur fast alle Dinge des täglichen Lebens zu kaufen. Sondern in der gemütlich eingerichteten Caféecke kann man auch frühstücken, es gibt verschiedene Kaffeespezialitäten, selbst gebackenen Kuchen und täglich ein wechselndes Mittagsgericht.

Vor etwa sechs Wochen wurde in "Fräulein Lose" an der Johannisstraße Eröffnung gefeiert. Konkrete Erwartungen habe sie nicht wirklich gehabt, sagt Daniela Kronpass "Das Konzept ist sehr eigen. Aber so, wie wir angenommen werden, ist es positiver, als wir gedacht haben." In dem mit viel dunklem Holz und Liebe zum Detail gestalteten Laden gibt es Lebensmittel, Haushaltswaren und Körperpflegeprodukte zu kaufen. An der Zapfstation beispielsweise finden sich lange Plastikröhren gefüllt mit Dinkel, Haferflocken, mit Couscous, Reis, mit Grieß, Hirse, Erdnüssen und Schokochips. Hier kann sich der Kunde die gewünschte Menge in kleine Baumwollsäckchen oder in Gläser abfüllen. Dann wird gewogen und der Preis errechnet. Genauso gibt es Gewürze, Süßigkeiten, Gemüse und Obst, Quark, Limonaden, Zahnbürsten und Putzmittel. Die Kunden seien sehr unterschiedlich, erzählt Daniela Kronpass. "Wir haben viele junge Leute, die studieren, aber auch viele ab 50 aufwärts, die noch von früher die Tante-Emma-Läden kennen und uns toll finden." Sogar eine ganze Reihe an Stammkunden gebe es schon. Den meisten gehe es nicht nur um den Einkauf, sondern viel mehr um das Gespräch, meint Daniela Kronpass. "Die stehen erst mal hier und quatschen."

"Mädels, wollt ihr jetzt ein Porridge?", fragt Daniela die beiden jungen Frauen, die sich mit Tupperware in der Hand im Laden umschauen. Die beiden wollen und bestellen dazu einen Cappuccino. Julia Stern ist zum zweiten Mal in "Fräulein Lose", heute ist sie mit ihrer Schwester, die sie gerade in Freising besucht, zu einem späten Frühstück gekommen. "Ich finde das Konzept megacool", sagt sie. "Es gibt einfach viel zuviel Plastikmüll."

Die Idee zu "Fräulein Lose" war eine Sonntagsidee, erzählt Daniela Kronpass. Sie hatte sich schon oft darüber geärgert, immer vorgegebene Mengen kaufen zu müssen, sagt die 27-Jährige. Hinzu komme der ganze Verpackungsmüll. Das fand auch ihre vier Jahre jüngere Schwester - also wieso nicht einen eigenen Laden aufmachen, in dem auch kleine Mengen abgefüllt werden können? Mit der Selbständigkeit habe man schon lange geliebäugelt. Der Name - "Fräulein Lose" - war bald gefunden. Die Umsetzung dauerte dann aber länger. Statt mit Eigenkapital ein Risiko einzugehen, setzen die Schwestern auf Crowdfunding: 20 000 Euro mussten sie bis zur Deadline am 11. Juni zusammenhaben - viereinhalb Tage zuvor war dieses Ziel erreicht. Mit dem Geld haben die Schwestern ihren Laden an der Johannisstraße eingerichtet - im Sinne des Nachhaltigkeitsgedanken übrigens im Upcycling-Stil. Also mit alten Möbeln und Paletten. Das Mobiliar beispielsweise ist mit Deckeln von Holzkisten verkleidet. Auch das Geschirr wurde ihnen zum Großteil geschenkt und ist schon gebraucht, genauso die Verleihgläser.

Ihre zwei Hauptlieferanten aus der Region waren bald gefunden: Regionale und weitgehend Fair-Trade-Produkte - wenn möglich auch vegane Waren - darauf legen die Schwestern Wert. Lisa Kronpass ist angehende Konditormeisterin, Daniela macht gerade eine Lehre zum Ernährungsberaterin. Momentan stemmt sie den Laden alleine - ihre Schwester konzentriert sich - bis auf den Samstag, dann übernimmt sie "Fräulein Lose" - auf ihre Meisterschule. "Ich sehe es sehr positiv", sagt Daniela Kronpass. Ob sie mit dem Laden einen Nerv der Zeit getroffen haben, könne sie nicht sagen. Aber der verpackungsfreie Einkauf sei nicht nur ein Trend: "Ich denke, dass es vielen wichtig ist, wieder auf Natürlichkeit zu achten - gerade auch, weil vieles schiefläuft." Ziel sei aber nicht nur, unverpackte Ware anbieten. "Sondern es ist uns auch wichtig, dass die Leute hier entschleunigen können."

© SZ vom 12.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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