Gut erholt:Rettung aus höchster Not

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Niclas Kiepe und Noah Rock haben durch Typisierungsaktionen Stammzellenspender gefunden. Heute haben sie ihre Krankheiten überwunden und können wieder voll am Leben teilhaben.

Von Tobias Weiskopf, Freising/Kirchdorf

Vor eineinhalb Jahren haben Niclas Kiepe aus Kirchdorf und Noah Rock aus Freising die Diagnose MDS, eine seltene Bluterkrankung, und Leukämie erhalten. Gemeinsam mit ihren Familien und der Aktion Knochenmarkspende Bayern ( AKB) haben sie im Februar 2017 eine Typisierungsaktion organisiert. Inzwischen haben die beiden Jugendlichen aus dem Landkreis einen dringend gesuchten Stammzellenspender gefunden und wurden erfolgreich transplantiert.

"Im Moment geht's mir wieder richtig gut", sagt Niclas Kiepe. Seit November geht der 17-Jährige wieder zur Schule und treibt schon etwas Sport: "Ich muss langsam anfangen, wieder alles aufbauen, aber Radfahren geht schon." Auch der 22-Jährige Noah Rock ist wieder gesund: "Ich habe eigentlich gar keine Beschwerden." Er müsse auf ein paar Dinge aufpassen, aber er erzählt stolz: "Ich habe wieder eine Freundin, die Uni läuft, ich kann mir das Leben gerade nicht besser vorstellen."

Während seiner Behandlung musste Niclas Kiepe immer wieder zur Kontrolluntersuchung in die Haunersche Kinderklinik. Eine nicht ganz leichte Zeit für ihn, doch das persönliche Verhältnis zu den Schwestern und Ärzten haben die Zeit angenehmer gemacht, erzählt der junge Kirchdorfer. Da Niclas der älteste Patient auf der Station war, wurde er scherzhaft "Stationsopa" genannt.

Auch Noah Rock hat viele Krankenhausaufenthalte hinter sich, konnte damals bei der Typisierungsaktion in Freising nicht dabei sein, da er zu der Zeit eine Chemo erhalten hat. Kurz darauf wurde für ihn ein Spender gefunden. Mitte April 2017 wurde er im Klinikum Großhadern auf den Eingriff vorbereitet, am 18. April hat er die Transplantation erhalten. "Danach war eine schwierige Zeit", berichtet der 22-Jährige, "ich habe Schmerzmittel bekommen, das killt alle Erinnerungen." Mit Mundschleimhaut- und Magenwandentzündung, sowie weiteren Komplikationen hatte Noah zu kämpfen. Am 8. August hat er eine zweite Spende, einen sogenannten Boost, erhalten, dann ging es bergauf.

Auch für Niclas Kiepe kam nach geduldigem Warten die positive Nachricht, dass ein passender Spender gefunden wurde. Niclas' Arzt habe die ersehnten passenden Stammzellen sogar persönlich mit dem Flugzeug in einem weit entfernten Land abgeholt. "Die Schwestern haben mir ein Foto aus dem Flieger gezeigt, ein Bild mit meinem Arzt und dem Koffer mit dem Transplantat im Cockpit, das war schon cool", erzählt Niclas Kiepe. Am 19. April 2017 wurden die Stammzellen transplantiert. Wenige Wochen später gab es einen ganz besonderen Moment. "Ich habe ein Blatt mit den Blutwerten bekommen und die Ärztin hat ein Herz um die Leukozyten gemalt", berichtet der 17-Jährige glücklich. Der Wert ist erstmals gestiegen, von null auf 200. Inzwischen ist er fit, trifft sich wieder mit den Freunden der Wasserwacht und hat sogar kürzlich eine Ausbildung zum Sanitäter gemacht. Nach dem Abitur möchte Niclas Kiepe Arzt werden - die lange Zeit im Krankenhaus hat seinen Berufswunsch bestärkt.

Auch Noah Rock ist wieder auf dem besten Weg, baut seine Muskulatur auf, denn sein großes Ziel ist, wieder mit dem Fußball spielen anzufangen. Ein bisschen habe er schon mit dem Ball trainiert, bis er wieder ganz auf dem Platz stehen kann, wird es noch ein paar Monate dauern.

Besonders sind die Ergebnisse der Typisierungsaktion des vergangenen Jahres. Unter den 3969 Typisierten gibt es bislang neun Spender, die einem Patienten irgendwo auf der Welt wohl das Leben gerettet haben. Darunter Darius Bernbeck aus Helfenbrunn und Mario Mayerthaler aus Schweitenkirchen. Die beiden haben einige Monate nach ihrer Registrierung als Stammzellenspender eine Nachricht erhalten, dass sie in Frage kommen. Nach einer Voruntersuchung durch die AKB in Gauting stand fest: Die beiden sind der gesuchte genetische Zwilling. Die Spende sei "keine große Sache" gewesen, berichtet Bernbeck. Man erhalte Spritzen zur Anregung der Stammzellenproduktion, dürfe am Tag selbst kein Auto fahren und könne während der drei bis fünf-stündigen Blutentnahme einen Film gucken. Für Mario Mayerthaler steht fest: "Stammzellenspende ist das wertvollste Geschenk der Welt!" Nach zwei Jahren dürfe man sogar, wenn beide Seiten damit einverstanden sind, Kontakt aufnehmen, um seinen genetischen Zwilling zu treffen. Deshalb der Appel der beiden: "Wer es noch nicht getan hat, einfach typisieren lassen!"

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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