Günzenhausen:GOD wird einfach gebraucht

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Das Bürgerforum der Günzenhausener, Ottenburger und Deutenhausener wird zwanzig Jahre alt. Der Verein hat viele Aktionen initiiert und das Gemeinschaftsgefühl gestärkt. Auch das Rathaus Eching hat dies erkannt

Von Klaus Bachhuber, Günzenhausen

Mal angenommen, die Beleuchtung des Günzenhausener Kirchturms würde abgeschaltet. Die Sitzbänke an den Spazierwegen abmontiert, die Mutter-Kind-Gruppe eingestellt, die Vereinsräume im alten Schulhaus geschlossen. Der Weihnachtsmarkt fände nicht mehr statt, aus den Fotoalben verschwänden die Erinnerungen an Candle-Light-Konzerte auf dem Bauernhof oder die Präsentation der Ortschronik. Die rund 1200 Günzenhausener, Ottenburger und Deutenhausener bekämen dann eine Ahnung davon, wie ihre Heimat noch vor 20 Jahren ausgesehen hat - und was ihre Dorfgemeinschaft über das Scharnier des Bürgerforums "GOD" seither geleistet hat. Zur Würdigung des 20. Jubiläums steht im Ortsnachrichtenblatt "Echinger Forum" der unnachahmliche Satz: "Immer wenn Gutes zur Normalität wird, hat das Bürgerforum GOD seine Finger im Spiel".

So war das 1995/96: Günzenhausen und die Nachbardörfer waren zwar seit nunmehr 18 Jahren nach Eching eingemeindet, aber richtig dort angekommen waren sie nicht. Die rein bäuerlich strukturierten Neuzugänge auf den Hügeln wurden von der Industriegemeinde verwaltet, aber der Wahrnehmung als "fünftes Rad am Wagen" begegnete man nicht mal halbherzig. Seit 1990 hatte Günzenhausen nicht mal mehr einen Gemeinderat im 24-köpfigen Gremium.

Eine Studentenarbeit zur Dorfentwicklung gab 1995 den Impuls zur Gründung einer Selbsthilfeorganisation. Nach monatelanger Vorarbeit gründete sich am 11. Januar 1996 das "Bürgerforum GOD", GOD nach den Anfangsbuchstaben der zusammengeschlossenen Dörfer. Gründungsvorsitzender wurde Wilfried Liske, ein damals 58-jähriger zugezogener Münchner, der seit den 1960er Jahren in Günzenhausen lebte, sein Stellvertreter Peter Reiss, verwurzelt in nahezu allen örtlichen Vereinen. Seit 20 Jahren blieb dieses Führungsteam unverändert, wurde gerade erst wieder für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt.

Das Erfolgsgeheimnis des neuen Bürgerforums war, dass man eben trotz des Grants auf die große Zentrale Eching nicht ansatzweise die Konfrontation suchte, sondern ausschließlich das eigene Potenzial als Dorfgemeinschaft aktivierte. "Der Verein soll die Interessen und Belange der Bürger aus Günzenhausen, Ottenburg und Deutenhausen sammeln und gegenüber der Gemeinde vertreten", hieß das dann in der Theorie, "Initiativen zur Dorfverschönerung, der Förderung der Dorfgemeinschaft und gemeinnützige Aktivitäten in kulturellem und sozialen Sinne werden weitgehend in Eigenarbeit und in Eigenverantwortung verwirklicht".

Die Idee, den markant an der Hügelkette thronenden Kirchturm von Günzenhausen nachts zu illuminieren, hatte das Echinger Rathaus abgebügelt, unökologisch, zu teuer und so. "GOD" berechnete die Kosten, richtete die Art der Beleuchtung nach naturschutzfachlichen Bedenken aus und sammelte das Geld am Ort. Am 30. November 1996, zur Eröffnung des ersten Günzenhausener Weihnachsmarktes, wurde der Kirchturm zum ersten Mal angestrahlt; seither seit 20 Jahren ohne Unterbrechung und seit 15 Jahren zahlt ein und derselbe Bürger die Stromkosten per Dauerauftrag.

Das Bürgerforum sammelte Geld am Ort und seit dem 30. November 1996 wird der Kirchturm angestrahlt. (Foto: privat)

Der von "GOD" initiierte Weihnachtsmarkt, wo es nur heimische Produkte gibt, "in der gemütlichen Hoflage des Gasthauses Grill ist ein weiteres sympathisches Beispiel für gelebte Heimatverbundenheit", wurde in der Chronik zum zehnjährigen Jubiläum bilanziert, "zu dem praktisch jeder Haushalt der Ortsteile einen Beitrag leistet. Im Grunde wurde hiermit ein Idealzustand erreicht".

Die Eröffnung der längst so genannten "GOD-Räume", öffentliche Räume zur Nutzung jeden Vereins am Ort im alten Schulhaus, waren 1998 ein weiterer Meilenstein; mittlerweile anstandslos finanziert vom Echinger Rathaus, das rasch erkannt hatte, welch Juwel von einem Verein das Dorfleben in den drei Orten bereicherte. Sogar selbständig organisieren und vergeben durfte "GOD" die Räume, ein Unikum im Gemeindegebiet. "GOD" organisierte Vorträge von politischen Themen bis zum Baumschneidekurs, veröffentliche Aufrufe, an Wahlen teilzunehmen, organisierte politischen Protest, etwa gegen einen geplanten Mobilfunkmasten.

Man habe sich den Bedürfnissen der Orte stets "seriös und respektvoll" genähert, steht in der 2006er Chronik - und den Hürden durch das Rathaus ebenso. Kein einziger "GOD"-Beitrag in den 20 Jahren musste später als Unfug oder wegen fehlender Akzeptanz zurückgerufen werden, stets war die Nachhaltigkeit und die breite Unterstützung das Auswahlkriterium. Noch einschneidender als die sichtbaren Aktionen von der renovierten Nepomuk-Säule über die Parkbänke bis zu den historischen Hofnamenschildern ist aber wahrscheinlich das Gemeinschaftsgefühl, das "GOD" in den 20 Jahren geschaffen hat. "Vereine sind wichtig", schreibt das "Echinger Forum", "manche sogar sehr wichtig - und manche werden einfach nur gebraucht". Am Sonntag, 10. April, feiert das Bürgerforum "GOD" sein Jubiläum mit einer Bilderausstellung im Schützenheim (geöffnet 11 bis 18 Uhr).

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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