Gewerbeflächen liegen brach:Investoren lassen Freising links liegen

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Platz ist genug da - nur die Interessenten fehlen: Die Flächen im Freisinger Gewerbegebiet "Clemensänger" sind den Investoren zu teuer. Nur: Ein Preisnachlass ist ist rechtlich gar nicht möglich.

Sabina Dannoura

Das Telefon im Büro von Mathilde Hagl bleibt still. Gewerbeflächen in einem Umfang von knapp 150.000 Quadratmetern kann die Wächterin über die Finanzen und Liegenschaften der Stadt Freising feilbieten, den Großteil davon im Gewerbegebiet "Clemensänger", direkt an Autobahn und Bundesstraße angeschlossen und keine fünf Kilometer entfernt vom internationalen Flughafen.

Für die Freisinger Gewerbeflächen "Clemensänger" finden sich nicht genug Investoren. Denn die Plätze sind einfach zu teuer. (Foto: region.frs)

Doch Investoren lassen die Große Kreisstadt links liegen. Die Grundstückspreise sind den Unternehmern schlicht zu teuer, jedenfalls im Vergleich zu den Offerten, mit denen Freisings Nachbargemeinden locken. "Unsere Preise sind nicht wettbewerbsfähig", weiß Mathilde Hagl.

Würde sie mit Obst und Gemüse handeln, könnte sie den Preis an der mickrigen Nachfrage orientieren und Firmen mit der Aussicht ködern: "Rabatt! Grundstücke zum halben Preis!" Abgesehen davon, dass der seriös auftretenden Kämmerin marktschreierisches Gehabe nicht liegt, verbietet ihr das auch die Gemeindeordnung. "Vermögenswerte dürfen in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden", besagt Paragraf 75.

Gemeint ist der als Verkehrswert bezeichnete aktuelle Marktwert einer Immobilie - und der erreicht am Standort Clemensänger einen Spitzenwert im Landkreis Freising - um die 300 Euro. In den Clemensängern warten in dem ursprünglich 200.000 Quadratmeter großen Areal noch etwa 130.000 Quadratmeter auf Investoren.

Nördlich davon liegt das Gewerbegebiet "Erdinger Straße", in dem zwei Flächen mit zusammen 6000 Quadratmetern zu haben sind. Nur noch eine etwa 2700 Quadratmeter große Parzelle ist in der Nachbarschaft, den Flächen in den "Guten Ängern" frei. Und schließlich verfügt die Stadt noch im Ortsteil Pulling über gut 5000 Quadratmeter. "Am Angebot mangelt's nicht", bilanziert Mathilde Hagl trocken.

Ab und zu läutet das Telefon im Liegenschaftsamt doch - an der anderen Leitung Vertreter der Logistikbranche, auf der Suche nach Flächen zwischen 10.000 und 120.000 Quadratmetern. Vom einst strikten Nein zum Transportgewerbe hat sich die Stadt bereits verabschiedet, obwohl der hohe Flächenverbrauch, das starke Verkehrs- und Lärmaufkommen und die vergleichsweise geringe Zahl an Arbeitsplätzen nach wie vor umstritten sind.

Zum Zug kommt jedoch nicht Freising, sondern Neufahrn, das an seiner nördlichen Gemeindegrenze, in der Siedlungspampa, den 25.000 Quadratmeter großen Gewerbepark Römerweg geschaffen hat; oder Langenbach mit seinem 80.000 Quadratmeter umfassenden Gewerbepark Ost, der in weiteren Bauabschnitten um 155.000 Quadratmeter wachsen könnte.

Lokaler Elektrohändler wechselt in den Isarauenpark

Immer wieder zieht Freising wegen der zu hohen Grundstückspreise den Kürzeren: "Es geht nicht um fünf Euro hin oder her. Aber wenn Langenbach so etwa 100 Euro für den Quadratmeter verlangt und wir bei 300 Euro liegen, braucht man nicht mehr groß verhandeln", erklärt Hagl.

Wenn schon keine externen Interessenten angelockt werden können, so wollen vielleicht ansässige Betriebe expandieren. Tatsächlich ergab eine aktuelle Befragung einen Bedarf von 27.000 Quadratmetern. Doch da frohlockte die Stadt zu früh. Bei konkreten Nachfragen sei der Bedarf auf unter 10.000 Quadratmeter geschrumpft, berichtet Hagl, und dabei sei es um Entwicklungsflächen auf vorhandenem Firmengrund, am Flughafen oder in der Innenstadt gegangen. Wieder Fehlanzeige.

Nicht einmal der heimische Elektro-Fachgroßhändler Hartl konnte dazu bewegt werden, auf städtischem Grund zu expandieren: Er wechselt in den Isarauenpark, der im Privateigentum der Landesbank-Tochter Gewerbegrundist. Dort, so heißt es, seien die Bodenverhältnisse für die hohen statischen Anforderungen günstiger als in den Clemensängern.

Einen Ausweg könnte der Vorschlag findiger Politiker der CSU eröffnen: Wenn die vorhandenen teuren Grundstücke brach liegen, könnte doch billiges Ackerland in preiswerten Gewerbegrund umgewandelt werden. Konkret haben die Christsozialen die Wiesen im sieben Kilometer entfernten Ortsteil Achering im Auge: Auf der Südseite der Autobahn A 92 wirft das Gewerbegebiet Römerweg für die Gemeinde Neufahrn Profit ab und soll in naher Zukunft drastisch erweitert werden; warum also nicht auf der Nordseite, dem Freisinger Stadtgebiet, ebenfalls Unternehmen ansiedeln?

"Das ist zuvorderst eine politische Frage", enthält sich Finanzchefin Hagl einer Bewertung. Sie gibt lediglich zu bedenken, dass sich die Stadt mit dieser Strategie selber Konkurrenz machen würde. Ohne Prüfung will Oberbürgermeister Dieter Thalhammer (SPD) zu dem CSU-Vorstoß keine Stellungnahme abgeben. "Das Thema ist zu komplex", sagt er.

An das Gebot des "sparsamen Umgangs mit Natur und Boden" erinnert Ernst Hilpert, Leiter der Bauabteilung im Landratsamt Freising. Er hält es "nicht für wünschenswert", neue Gewerbeflächen auszuweisen, wenn gleichzeitig 150.000 Quadratmeter sofort bebaut werden könnten. Das Landesamt für Statistik hat Ende 2008 ermittelt, dass der Anteil von Gewerbe und Industrie im Landkreis 4,6 Quadratkilometer beträgt, das sind 0,58 Prozent der Landkreis-Fläche. Hilpert sieht grundsätzlich noch Bedarf für zusätzliche Ausweisungen: "In Freising, Moosburg und im Munic Airport Business Park in Hallbergmoos ist noch Luft nach oben, aber sonst laufen die in den vergangenen Jahren entstandenen Gebiete eher voll", so seine Einschätzung.

Die Wirtschaftskrise, die sich zu einer formidablen Krise der öffentlichen Haushalte verschärft hat, lässt viele Gemeinden verzweifelt nach Einnahmequellen suchen - und verschärft die Konkurrenz zwischen den Gemeinden. "Eine Zusammenarbeit kann man vergessen", glaubt Hilpert. Interkommunale Gewerbegebiete funktionierten nur auf dem Papier. "Wenn es ernst wird, will jede Gemeinde Herr im Haus bleiben." Und den maximalen Ertrag für sich herausholen.

© SZ vom 14.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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