Geschichte eines Stadtteils:Von Brücken und Bögen

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Wegen der Baustellen in der Innenstadt lag der Schwerpunkt der "Langen Nacht der Stadtführer" - darunter Alexander Heising (links) - heuer auf Lerchenfeld. (Foto: Marco Einfeldt)

Bei der "Langen Nacht der Stadtführer" erfährt man heuer viel über Lerchenfeld

Von Johann Kirchberger, Freising

Auch wer glaubt, schon alles zu wissen über Freising und seine Geschichte: bei der "Langen Nacht der Stadtführer" gibt es immer wieder interessante Dinge zu erfahren. Angefangen von versteckten Winkeln in der St. Georgskirche über den Freisinger Hof in Wien oder Inschriften im Dom - und auch über die Geschichte Lerchenfelds, das im Wesentlichen erst nach dem 2. Weltkrieg entstanden und heute Freisings größter Stadtteil ist.

Urkundlich erstmals erwähnt worden sei der Name Lerchenfeld 1665, erzählte Stadtführer Gernot Anders. Die Gegend war ein Überschwemmungsgebiet, durchzogen von Seitenarmen der Isar, auf den Wiesen ließen die Stadtbauern ihr Vieh weiden. Die Verbindung dorthin war die heutige Korbiniansbrücke, die 1894 aus Natursteinen mit vier Bögen gemauert wurde. Ein Stützpfeiler, der zweite auf der Stadtseite, ist heute noch erhalten, wie der frühere Stadtheimatpfleger Norbert Zanker berichtete. Der erste wurde am 29. April 1945 von SS-Pionieren gesprengt. Lange aufhalten ließen sich die heranrückenden Amerikaner dadurch nicht. Schon wenige Tage später stand ein Holzsteg und im Juni hatten die Freisinger eine Behelfsbrücke aus Holz errichtet, damit die Stadtbauern ihr Heu heimbringen konnten.

Die beiden Bögen auf der rechten Flussseite wurden erst 1912 hinzugefügt, als der Isardamm errichtet wurde. Das mächtige Tor auf der Lerchenfelder Seite, das auf alten Fotografien noch zu sehen ist, wurde als Übergangsbauwerk für die Stromleitungen gebaut, die von Moosburg nach München führten. "Eine Art Transformatorenhäusl also", so Zanker. Das Tor wurde 1947 gesprengt, weil es für den Verkehr zu schmal geworden war. Abgetragen, warum auch immer, wurde damals die Nepomukkapelle, die einst zwischen dem vierten und fünften Bogen stand. Erster Brückenheiliger war 1980 der heilige Korbinian, eine Spende von Kardinal Wetter.

Bis 1894 waren die Isarbrücken aus Holz, wobei die erste wohl um das Jahr 800 gebaut wurde, wie Zanker vermutet. Vielleicht aber auch schon früher, wenn die Theorie stimmt, dass die Brücke Teil einer Römerstraße gewesen sein könnte. Zerstört wurden die Holzbrücken immer wieder mal, aber nie durch ein Hochwasser, wie Zanker sagte, sondern immer durch Menschenhand. Zweimal allein im Dreißigjährigen Krieg. Daneben, auf der Stadtseite, war die Anlegestelle für Flöße und Schiffe, die in Freising auf ihrem Weg nach Wien Halt machten.

Der Verlauf der heutigen Erdinger Straße gehe auf das Jahr 1710 zurück, erzählte Anders. Bischof Eckher habe sie damals als Fürstenweg errichten lassen. Zuvor dürfte sie auf der heutigen Moosstraße in Richtung Erding verlaufen sein. Nach Attaching gab es seinerzeit eine Abkürzung bis zur Lohmühle, den Attachinger Weg. Und weil zwischen Hirschau und Riegerau nachweislich eine Römerstraße führte, ist die - allerdings unbewiesene - Theorie nicht ganz abwegig, dass schon die Römer irgendwo bei Freising die Isar überquerten. Dafür spricht auch ein gefundener Münzschatz neben der Moosstraße an der Abzweigung zur heutigen Meisenstraße. Die Münzen stammen aus Oberitalien und wurde um das Jahr 800 geprägt.

Das erste Gebäude in Lerchenfeld war kurz nach Beginn des 19. Jahrhunderts ein Kalkofen. Weil der Betrieb dort für die Arbeiter eine schweißtreibende Angelegenheit war, wurde daneben 1862 die Wirtschaft "Zur Lüften" gebaut. Ein Jahr später folgte der Bau der Tafernwirtschaft Floßmann am Rabenweg und 1875 der "Grüne Hof". Das erste Wohnhaus in Lerchenfeld wurde 1860 errichtet, auf dem Gelände des heutigen Autohauses Zenz.

Solche und viele andere Geschichten hatten die Stadtführer parat. Leider konnten die vielen Interessenten an der Geschichte des Stadtteils nicht alle Führungen gleichzeitig verfolgen. Aber im nächsten Jahr ist bestimmt wieder eine "Lange Nacht".

© SZ vom 30.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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