Geschafft:Ein Tag für die Ewigkeit

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"Beim Radfahren habe ich übertrieben", findet Wildgruber. Am Ende reichte es trotzdem zu Platz 478 unter 2316 Teilnehmern. (Foto: oh)

Mit dem Start beim Ironman Hawaii, dem wichtigsten Triathlon der Welt, verwirklicht sich Florian Wildgruber einen Traum. Die Geschichte dieses ganz persönlichen Erfolges beschreibt der Freisinger auch auf seinem Blog

Von Simon Bauer, Freising

"Es war ein magischer Moment und ich spürte, wie mir auf einmal die Tränen in die Augen schossen", schreibt Florian Wildgruber in seinem Blog. Es war der Moment, in dem der 25-jährige Freisinger zum ersten Mal den pazifischen Sonnenaufgang betrachtete und dabei realisierte, dass sein größter Traum in Erfüllung gegangen war. Wildgruber ist Triathlet und war Teilnehmer beim in seiner Sportart berühmtesten und härtesten Wettbewerb der Welt: dem Ironman Hawaii.

Es ist eine Geschichte voller Emotionen, voller überwundener innerer Hürden, voller Rückschläge und Triumphe, die über seine Grenzerfahrungen mitten im Pazifik erzählt. Jetzt, nur wenige Wochen nach dem Großevent, auf das er im Grunde sieben Jahre hintrainierte, befindet sich Wildgruber in einer wohlverdienten Regenerationsphase. "Vier Wochen lang will ich keine Schwimmbrille, kein Rennrad, keine Laufschuhe anfassen", betont der Sportler mit einem zufriedenen Schmunzeln.

Für jeden Triathleten gibt es dieses eine große Ziel: Einmal am Ironman auf Hawaii teilnehmen. "Ich komme ursprünglich aus dem Handball, war für eine Profikarriere jedoch zu klein", erzählt Wildgruber. Während seines Studiums habe er einige Triathleten kennengelernt, "die mich zu dieser Sportart brachten. Seit 2010 habe ich den Triathlon für mich professionalisiert". Anfangs sei es ein weit entfernter Traum gewesen, einmal auf Hawaii über die Ironman-Distanz mit 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen zu starten. "Nach zwei, drei Jahren ist es für mich immer realistischer geworden."

Am 15. November 2015 qualifizierte sich der 25-Jährige schließlich mit dem ersten Platz beim Ironman Florida für den Start auf der pazifischen Insel. Sein Motto "Lebe deinen Traum" erfüllte sich mehr und mehr. Dann ergaben sich allerdings Probleme während der Vorbereitung. Er hatte etwa drei Wochen vor der Abreise einen Fahrradunfall und konnte nicht mehr richtig laufen. "Sobald ich auf Hawaii angekommen war, wurde es glücklicherweise besser und ich begann damit, das verlorene Training aufzuholen", sagt Wildgruber. Doch er fing zu früh wieder an, sodass er sich kurz darauf erneut einige Tage auskurieren musste. "Das war reine Kopfsache, ich musste mich nur selbst davon überzeugen, dass ich es immer noch schaffen konnte", sagt er rückblickend. Er schaffte es.

"Der Ironman Hawaii verändert dich", meint Wildgruber. Man werde sich der Besonderheit der eigenen Leistung erst am Start zwischen den 2400 anderen Sportlern richtig bewusst. Denn der Prozentsatz derer, die es tatsächlich nach Hawaii schaffen, ist gering. In seinem Blog vergleicht Wildgruber den Ironman Hawaii etwas martialisch mit einem Schlachtfeld: "Es ist unfassbar, was man um sich herum mitbekommt, während man läuft. Ich habe die größten Profis in der Hitze komplett eingehen sehen. Gleichzeitig liefen aber auch ein 83-Jähriger, der im Jahr zuvor knapp gescheitert war, und ein Vater mit seinem behinderten Sohn mit. Das ist so unglaublich und verschafft dir zusätzlichen Ansporn."

Besonders berüchtigt sei der "Energy Lab", ein sehr langes und schattenloses Stück Laufstrecke über einen Highway, der nur durch Wüste und Einöde führt. "Die Zuschauer machen durch ihre bloße Anwesenheit extrem viel aus. Doch während des Energy Labs ist man komplett alleine, hört nur die eigenen Schritte auf dem Asphalt. Das und die starke Hitze machen diesen Streckenabschnitt so gefürchtet", betont Wildgruber. Irgendjemand habe vor dem Einstieg in den Energy Lab seine Startnummer über die gesamte Breite der Strecke auf den Boden geschrieben. Ein Mutmacher für den Härtetest. "Nach diesem Abschnitt in die Zielgerade einzubiegen und das Jubeln der Menschen zu hören, war einer der besten Momente dieses Laufes", erzählt der 25-jährige Freisinger. "Optimal ist der Wettkampf für mich allerdings nicht verlaufen", meint Wildgruber: "Meine Schwimmzeit war gut, doch beim Radfahren habe ich es übertrieben. Den Zeitverlust konnte ich beim Laufen leider nicht wieder reinholen." Auf Platz 478 von 2316 Teilnehmern schafft er es. Er ist zufrieden. "Die Platzierung spielt eigentlich keine große Rolle. Ich habe zwei gesunde Beine und diese unvorstellbaren Bedingungen überstanden", sagt er, "schon die Tatsache, dass ich überhaupt an den Start gehen konnte, ist für mich Erfolg genug".

Nach der vierwöchigen Pause wird sich Wildgruber mit seinen Sponsoren, seinem Trainer und seiner Familie zusammensetzen und die Zukunft planen. Doch sein größtes Ziel hat er bereits erreicht. "Ich werde diesen Tag niemals vergessen, denn ich hab ihn von Anfang bis Ende zu meinem Tag gemacht", schreibt er zum Abschluss auf seinem Blog. Für ihn ist es ein sehr persönlicher Sieg. Ein Sieg, den ihm niemand mehr nehmen kann.

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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