Geringe Geldstrafe:Glück für den Angeklagten

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Drogenbesitz kann nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden

Von Alexander Kappen, Freising

Dass jemand ein Musik-Festival wie das Utopia Island im Moosburger Aqua Park als Gelegenheit nutzt, um ein paar Drogen unters Partyvolk zu bringen, scheint nicht ganz abwegig. Zumal dann, wenn er, wie ein 22-jähriger Auszubildender aus Erding im August vergangenen Jahres, mehrfach einschlägig vorbestraft ist und auf einem Stuhl sitzt, unter dem bei einer Kontrolle eine Tüte mit 59 Ecstasy-Pillen gefunden wird. Letztlich konnte dem jungen Mann in der Verhandlung am Freisinger Amtsgericht jetzt aber nicht nachgewiesen werden, dass es tatsächlich seine Pillen waren. Ganz ohne Strafe kam er dennoch nicht davon, weil bei einer folgenden Wohnungsdurchsuchung 0,8 Gramm Marihuana in der Jackentasche des Angeklagten gefunden wurden. Richter Michael Geltl verurteilte ihn deshalb zu einer Geldstrafe von 400 Euro.

Dass der "Löwenanteil der Anklage weggefallen" ist, wie der Richter sagte, sei den Nachermittlungen zu verdanken, "die positiv für den Angeklagten ausgefallen sind". Bei der Untersuchung des molekulargenetischen Abriebs an dem Tütchen, in dem die Tabletten gefunden wurden, sei nichts rausgekommen, "das kann man nicht auswerten".

Und die Tabletten beziehungsweise Bröckchen, die man im Rucksack des Angeklagten fand, waren laut Untersuchungsbericht keine Drogen, sondern offensichtlich legale Medikamente. "Wenn die Brocken identisch gewesen wären mit den Tabletten in der Tüte, hätte ich Sie dafür verurteilt", sagte Richter Michael Geltl zum Angeklagten. So aber sei kein Nachweis zu führen. Dennoch bemerkte er: "Dass man bei Ihnen zu Hause eine erhebliche Menge Bargeld gefunden hat, von der man nicht so recht weiß, wo sie her kommt, die Tabletten unter dem Stuhl und ihre strafrechtliche Vorgeschichte - das schaut schon alles komisch aus."

Die 0,8 Gramm Marihuana in der Jackentasche waren nach Überzeugung des Richters dem Angeklagten zuzuordnen, weshalb er ihn wegen Drogenbesitzes zu 20 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilte. Der Lehrling bestritt indes, dass es sich um seine Drogen handelte. Es könne sein, dass das Marihuana noch aus alten Zeiten stamme, bevor sein Mandant mit den Drogen abgeschlossen hatte, argumentierte der Verteidiger. Es "kann also sein, dass es wer anderes dort deponiert hat, der in der Wohnung verkehrt ist". Der Staatsanwalt bezeichnete das als "Schutzbehauptung". Aber "selbst wenn es eine ist, so ist sie bisher zumindest nicht widerlegt worden", sagte der Verteidiger.

Der Amtsgerichtsrichter glaubte nicht daran, "dass irgendwer anderes das Marihuana da hinein gelegt hat". So etwas werde vor Gericht zwar oft behauptet, "aber so etwas vergisst man nicht irgendwo oder schiebt es einem anderen in die Jackentasche - das kostet ja auch Geld und man muss sich wieder neue Drogen beschaffen". Deshalb verurteilte er den 22-Jährigen. Dessen Verteidiger, der einen Freispruch beantragt hatte, war mit dem Urteil nicht einverstanden und erwägt, in Berufung zu gehen.

© SZ vom 14.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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