Gemeindetag schlägt  Neuerung vor:Standesbeamte lernen nie aus

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"Die Ausbildung zum Standesbeamten ist komplex, umfangreich und aufwendig", sagt Peter Mitterhofer, Standesbeamter in Freising. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für diesen Beruf sind umfangreich und teuer. Würden mehrere solcher Ämter zentral in einem Landkreis zusammengefasst, könnte dies die Kommunen entlasten

Von Simon Bauer, Freising

Standesbeamte haben ein bewegtes, anspruchsvolles Berufsleben. Die Anforderungen sind hoch, sie müssen eine komplexe Ausbildung durchlaufen und sich ein umfangreiches Wissen in vielen Rechtsbereichen aneignen. Pflicht sind regelmäßige Fortbildungen an der einzigen Fachakademie für Personenstandswesen Deutschlands, in Bad Salzschlirf bei Fulda. Das kostet die Gemeinden viel Geld. Der bayerische Gemeindetag erwägt daher, den Zuständigkeitsbereich einzelner Gemeinden auf einen ganzen Landkreis auszuweiten. Eine solche zentrale Anlaufstelle, würde kleinere Gemeinden, die in diesem Berufsfeld schlechter besetzt sind, unterstützen, sagt der Vorsitzende des Gemeindetages auf Kreisebene und Bürgermeister der Gemeinde Rudelzhausen, Konrad Schickaneder. Die Überlegung sei jedoch noch lange nicht beschlossen.

Die Fortbildungsmaßnahmen bilden die Grundvoraussetzung dafür, den Beruf überhaupt weiter ausüben zu dürfen. Natürlich verursachen die Seminare Kosten für eine Gemeinde. Doch jedes Standesamt benötigt mindestens einen angestellten Leiter und dieser wiederum einen Stellvertreter.

"Rein wirtschaftlich gesehen, wäre die Idee, die Standesämter eines Landkreises zusammenzulegen, natürlich sinnvoll", kommentiert der Fahrenzhausener Bürgermeister Heinrich Stadlbauer, der ebenfalls bei der besagten Sitzung des Gemeindetags anwesend war. Durch eine zentrale Ansiedlung der Ämter im jeweiligen Landkreis könnten Kosten für die einzelnen Gemeinden verringert und jedem Einwohner der gleich lange Anreiseweg ermöglicht werden. "In Fahrenzhausen speziell haben wir jedoch keine Probleme mit dem Standesamt. In diesem Bereich sind wir gut besetzt", betont Stadlbauer. Die Möglichkeit, Gemeinden mit schwächer besetzten Standesämtern zu unterstützen, gibt es seit dem Jahr 2014. Diese können sich zu einem Verband zusammenschließen und somit die Hauptverwaltung des Standesamtes an einer zentralen Stelle des Landkreises positionieren.

Laut Peter Mitterhofer, Leiter des Standesamtes in Freising, umfasst das Tätigkeitsfeld der Beamten weit mehr, als viele Leute vielleicht annehmen. Tatsächlich mache dabei die Eheschließung nur einen Bruchteil der täglichen Arbeit aus. "Als Standesbeamter ist man unabhängig und alleine dazu befugt, öffentliche Urkunden auszustellen." Ob Geburts-, Sterbe- oder Erbschaftsurkunde - alles unterliege der Zuständigkeit des Standesamtes. "Dabei wird weisungsfrei agiert, also selbst der Oberbürgermeister einer Gemeinde hat auf die Ausstellung der Urkunden keinen Einfluss."

Doch die Ausbildung zum Standesbeamten sei komplex, umfangreich und aufwendig, das betont auch Standesamtsleiter Peter Mitterhofer. "Grundsätzlich durchläuft ein Anwärter zuerst die normale Ausbildung für den gehobenen Dienst, diese dauert drei Jahre." Im Anschluss folgt die Weiterbildung an der einzigen Fachakademie in Deutschland bei Fulda, in der man nochmals einen zweiwöchigen Lehrgang besuchen muss. Erst nach dieser Zeit kann jemand seine Abschlussprüfung im Personenstandsrecht ablegen.

Besonders, weil sich die unterschiedlichen aktuellen Rechtsvorschriften und Gesetzeslagen in den verschiedenen Staaten der Erde immer weiterentwickeln würden, müssten sich fertig ausgebildete Standesbeamte regelmäßig über Seminare weiterbilden. Laut Mitterhofer seien wöchentlich etwa 100 Standesbeamte an der Fachakademie in Bad Salzschlirf.

Die größte Schwierigkeit der Ausbildung sei jedoch der ständige Kontakt mit zahlreichen ausländischen Völkerrechtsvorschriften. "Man muss als Standesbeamter nicht nur die deutschen Rechtsvorschriften kennen, sondern im Prinzip auch die jedes anderen Landes." Zurzeit kommen viele Flüchtlinge nach Deutschland. Wenn für diese Menschen eine Urkunde ausgestellt werden soll, dann muss das nach dem Recht und den Regeln ihres Herkunftslandes erfolgen. "Diese unglaubliche Menge an unterschiedlichen völkerrechtlichen Weisungen ist der Hauptgrund dafür, wieso die Ausbildung so umfangreich und aufwendig ist."

Fremdsprachen seien trotz der Fülle an ausländischen Rechtsvorschriften nicht Teil der Ausbildung, erklärt Peter Mitterhofer. "Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass wir in unserem Beruf nur mit der deutschen Sprache arbeiten. Die ausländischen Vorschriften dürfen nicht ins Deutsche übersetzt werden." Deshalb werde, je nach der Herkunft der betroffenen Person, ein Dolmetscher hinzugezogen. Trotz der schwierigen Ausbildungs- und Berufsbedingungen seien jedoch meist genügend Standesbeamte im Dienst, betont Peter Mitterhofer.

© SZ vom 29.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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