Gelungenes Konzert:Leuchtendes Ausrufezeichen

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Freisings Domkapellmeister Matthias Egger lässt die Dommusik drei Perlen deutscher frühromantischer Sakralmusik aufführen und erfreut damit die Zuhörer.

Von Josef Manhart, Freising

Drei Perlen deutscher frühromantischer Sakralmusik hatte der Freisinger Domkapellmeister Matthias Egger für das große Domkonzert am Sonntagabend auf das Programm der Dommusik im Freisinger Mariendom gesetzt: Felix Mendelssohn Bartholdys Vertonung des 42. Psalms "Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser", dessen Hymne "Hör mein Bitten" sowie die anlässlich der Feierlichkeiten zur Goldenen Hochzeit des Königs Friedrich August I. von Sachsen mit Königin Maria Amalia Augusta geschriebene Missa sancta Nr. 2 von Carl Maria von Weber.

Dieses Stück ist auch bekannt als "Jubelmesse" und der Komponist selbst schreibt darüber: "Sie kam ganz aus meinem Herzen und ist des Besten, was ich geben kann." Die Messe atmet noch den Geist der Klassik, trägt aber durchaus Züge der italienischen Oper, die Egger im Freisinger Dom gebührend auskosten lässt, ohne jemals ins allzu Plakative abzugleiten. Seine Interpretation bleibt stets dem sakralen Textvorwurf verpflichtet. Namentlich im Benedictus schimmert beinahe schablonenhaft Agathe aus Webers "Freischütz" durch, an dem der Komponist 1818 beinahe zeitgleich arbeitete. Den durchaus virtuos gehaltenen Sopranpart - etwa am Schluss des Gloria mit den sich regelrecht in die Höhe schraubenden Koloraturen - gestaltet Beate Hariades mit ihrem hellen, glasklaren Sopran zurückhaltend stilsicher. Mit einem sehr schönen, dunkel timbrierten Alt wartet Florence Losseau auf, Sebastian Schäfer (Tenor) und Michael Kranebitter (Bass) gestalten ihre Partien durchweg ausdrucksstark und facettenreich.

Eine Hinwendung zur Sakralmusik zeigt sich auch im Werk von Felix Mendelssohn Bartholdy. Anders als Weber vermied es Mendelssohn jedoch, liturgie- beziehungsweise konfessionsgebundene Musik zu komponieren. Zu sehr lagen seine klaren Vorstellungen von einer "andächtigen" geistlichen Musik - die für ihn stets eine Symbiose sein musste aus streng klassischen Maximen und Zeitgenössisch-Neuem - im Widerstreit mit der Struktur der Liturgie. Ein sehr schönes Beispiel für die tiefe musikalische Ausdeutung eines sakralen Textes ist die im Freisinger Dom dargebotene Hymne "Hör mein Bitten". Hier gelangt Hariades zu einer deutlichen Steigerung, sowohl was stimmliche Präsenz als auch Ausdrucksstärke anbelangt.

Nur allzu oft sah sich die Sakralmusik Mendelssohns mit dem Vorwurf der Gleichförmigkeit, des Wohlklangs, ja bisweilen gar des Kitsches konfrontiert. Eben diese Wirkung vermeidet Matthias Egger, indem er vor allem in Mendelssohns Vertonung des 42. Psalms die fein ziselierte thematische Binnenstruktur dynamisch ausleuchtet und der strukturellen Klarheit der Musik Mendelssohns genügend Raum gibt. Egger wählt Tempi, die im unteren Bereich angesiedelt sind, aber sich stets in einem angemessenen Rahmen bewegen.

Das lässt zwar vor allem den Eingangschor etwas behäbig wirken, unterstreicht aber dessen zwischen Ruhe, Zuversicht und Melancholie changierende Grundstimmung. Klangschön gestaltet ist auch das Dialogisieren zwischen Sopran und Solo-Oboe in dem mit Arie überschriebenen zweiten Satz. Das sehr sicher wirkende Zusammenspiel von Domberg-Kammerorchester und Freisinger Domchor zeitigt ein überaus homogenes Klangbild.

Die Blechbläser setzen wohldosiert farbliche Akzente, ohne je zu aufdringlich in den Vordergrund zu rücken, die Holzbläser artikulieren exakt und überzeugen mit einer schönen, warmen Tongebung. Im Schlusschor mit abschließender Fuge lassen Dirigent, Chor, Orchester und Solisten ihrer Freude am monumentalen Klang freien Lauf und setzen ein leuchtendes Ausrufezeichen hinter ein sehr gelungenes Konzert.

© SZ vom 25.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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