Für ein solidarisches und gerechtes Europa:Nein zu Nationalisten und Populisten

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Mehr Demokratie und Rechte für das Europäische Parlament hat der gewerkschaftliche Bildungsreferent Wolfgang Veiglhuber bei der Maikundgebung im Freisinger Lindenkeller eingefordert. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Redner bei der gut besuchten Maikundgebung im Lindenkeller betonen die Bedeutung der bevorstehenden Europawahl, fordern aber das Abstellen von Defiziten wie Lohndumping und Befristung von Arbeitsverträgen ein

Von Johann Kirchberger, Freising

Für ein solidarisches und gerechtes Europa, gegen Sozialabbau und rechte Hetze sprach sich DGB-Kreisvorsitzender Guido Hoyer bei der gut besuchten Mai-Kundgebung im Lindenkeller aus, die vom Rockkabarett "Die Ruam" musikalisch begleitet wurde. Schon das Motto des DGB zum 1. Mai - "Europa. Jetzt aber richtig" - zeige, dass momentan einiges schief laufe in Europa, sagte Hoyer. So gebe es in der Hälfte der Mitgliedsländer keine betriebliche Mitbestimmung, vielfach sei die Jugendarbeitslosigkeit erschreckend hoch, es würden Dumpinglöhne bezahlt und mit der Arbeitszeit jede nur mögliche Gaunerei betrieben. Viele Menschen wendeten sich von diesem neoliberalem Europa ab und liefen rechten Rattenfängern in die Arme. Notwendig sei daher ein grundlegender Kurswechsel.

Stellvertretender Landrat Robert Scholz betonte das "verbindende Projekt" Europa, das Freiheit, Demokratie und Frieden garantiere. Scholz verteidigte die oft kritisierten europaweiten Ausschreibungen bei öffentlichen Aufträgen. Die brächten keine Nachteile und seien kein großer Mehraufwand. Europa bedeute Vielfalt "und deshalb lohnt es sich, wählen zu gehen". Auch Freisings Zweite Bürgermeisterin Eva Bönig hob hervor, wie wichtig Europa sei. "Wir alle sind Europa", sagte sie, deshalb müssten sich die Menschen gegen die Nationalisten und Populisten stemmen. Es genüge nicht, im stillen Kämmerlein auf eine bessere Zukunft zu hoffen, "wir müssen dieses Europa gemeinsam verteidigen und für ein solidarisches und gerechtes Europa auf die Straße gehen".

Hauptredner im Lindenkeller war der gewerkschaftliche Bildungsreferent Wolfgang Veiglhuber, der einen geschichtlichen Ausflug zur 1. Mai-Bewegung machte und die Feindschaft der Rechten gegenüber den Gewerkschaften erläuterte. Der 1. Mai bleibe von Bedeutung, rief er allen Skeptikern zu. Notwendig sei ein gemeinsames Handeln der Gewerkschaften in Europa, sagte er, trat für eine Stärkung der Tarifpolitik ein, und forderte mehr Demokratie und mehr Rechte für das europäische Parlament. Notwendig sei eine fundamentale Veränderung der europäischen Politik, sagte Veiglhuber, im EU-Parlament müssten nicht die Interessen der Länder, sondern die der Arbeitnehmer gebündelt werden.

Veiglhuber übte auch Selbstkritik. Es sei "dramatisch", wenn in Bayern nur noch 13 Prozent der Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert seien und von denen nur 33 Prozent SPD, Linke oder Grüne wählten. Der DGB müsse seine Mitglieder aktivieren, müsse wieder stärker wahrgenommen werden und zeigen, "dass wir eine widerspenstige Organisation sind".

Hoyer verteidigte den Mindestlohn und sprach sich entschieden gegen befristete Jobs aus. Die von der Großen Koalition angedachte Einschränkung einer "sachgrundlosen Befristung" von Arbeitsverträgen sei zwar ganz schön, sagte Hoyer, aber diese Befristungen gehörten nicht eingeschränkt, sondern verboten. Kritisch sah Hoyer auch, dass sich immer mehr Unternehmer "den Spaß der Tarifflucht" gönnten. Das führe zu schlechteren Arbeitsbedingungen und geringeren Löhnen. Derzeit würden in Bayern nur noch 53 Prozent der Arbeitnehmer nach Tarif bezahlt, vor 20 Jahren seien es noch 83 Prozent gewesen. "Diese Tarifflucht muss aufhören", sagte er und forderte ein Tariflohnvergabegesetz. Um Lohndumping wenigstens bei öffentlichen Aufträgen zu verhindern, sollten vom Staat nur noch Firmen berücksichtigt werden, die ihre Leute ordentlich nach Tarif bezahlten. Vom Mindestlohn könne bei uns ohnehin niemand leben, sagte Eva Bönig. Die Bezahlung des Mindestlohns zu unterbinden sei ein Verbrechen.

Einig waren sich die Redner, dass etwas gegen die Bodenspekulationen getan und gegen Mietwucher vorgegangen werden müsse. "Die einen machen immer mehr Profit, die anderen können sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten", stellte Hoyer fest. Alles dem freien Markt zu überlassen, funktioniere nicht. Investoren wollten Rendite erwirtschaften und keine bezahlbaren Wohnungen erstellen. Gegen Bodenspekulationen sprach sich auch Robert Scholz aus. Die hätten mittlerweile "auch bei uns" Ausmaße erreicht, "die erschreckend sind".

© SZ vom 02.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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