Fünfmonatige Haftstrafe:Das Maß ist voll

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Ein 42-jähriger Drogensüchtiger hat sich seiner Festnahme durch zwei Polizisten moderat widersetzt. Aufgrund seines Vorstrafenregisters bleibt Richter Kastlmeier aber nichts anderes übrig, als ihn ins Gefängnis zu schicken

Von Alexander Kappen, Freising

Auf einer Skala von eins bis zehn war es zwar nur "ein vergleichsweise geringer Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, irgendwo im Bereich zwischen null und zwei", räumte Richter Manfred Kastlmeier ein. "Aber das Bundeszentralregister spricht eine deutliche Sprache, was Sie an Vorstrafen mitbringen, ist schon beachtlich", sagte er am Dienstag in der Verhandlung am Amtsgericht zum Angeklagten. Der Richter verurteilte den 42-jährigen, drogensüchtigen Mann, der in den vergangenen 25 Jahren bereits 22 Einträge in seiner Sünderkartei angehäuft hatte, zu einer fünfmonatigen Haftstrafe. Der Grund: Er wehrte sich im August des Vorjahres nach einer Schlägerei am Neufahrner Bahnhof gegen seine Festnahme durch zwei Polizisten und versuchte sich beim Fesseln ihrem Griff zu entziehen.

Der Angeklagte wandte offenbar keine übermäßige Gewalt an. Und auch sonst fand der Richter einige strafmildernde Punkte. So war der Beschuldigte geständig, entschuldigte sich in der Verhandlung bei den Beamten und stand zur Tatzeit unter Alkohol- und Drogeneinfluss. Und nicht zuletzt war da die vorausgegangene Auseinandersetzung mit zwei Männern, die der Angeklagte offenbar provoziert hatte, ehe er von ihnen zusammengeschlagen wurde. Unter anderem erhielt er zwei Tritte ins Gesicht und erlitt blutende Wunden. "Er sah sich als Opfer und konnte nicht verstehen, warum die Polizisten danach bei ihm eine Identitätskontrolle vornahmen", sagte der Verteidiger des 42-Jährigen.

"Dass er das in der Situation nicht nachvollziehen konnte, dafür habe ich sogar Verständnis", meinte der Richter. Dennoch hätte sich der Angeklagte nicht gegen die Polizisten wehren dürfen. Zumal mit dieser Vorgeschichte: Der Angeklagte war im Frühjahr 2016 zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt worden - wegen Widerstands gegen und Beleidigung von Polizeibeamten. Damals war er offenbar noch rabiater zu Werke gegangen und hatte um sich geschlagen. Kurz danach war er zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe wegen Drogenbesitzes verurteilt worden.

Der Verteidiger des Angeklagten wollte am Dienstag die noch nicht vollzogene Haft- sowie die Bewährungsstrafe in das Urteil für den aktuellen Fall einbeziehen und beantragte eine Gesamtstrafe von einem Jahr - auf Bewährung. Sein Mandant sei seit neun Monaten straffrei. Zudem habe die Zahl seiner Straftaten im Verlaufe der vergangenen 25 Jahre "rapide abgenommen". Es sei in dem Angeklagten "jetzt die Einsicht gereift, dass er eine stationäre Therapie machen muss". Der 42-Jährige selbst sagte: "Mir ist bewusst, dass ich ein Drogenproblem habe." Er legte sogar die Bescheinigung einer Einrichtung in Berlin vor, die ihm die Zusage für eine Therapie erteilt hat.

Der Richter, der die beiden vorausgegangenen Urteile übrigens nicht als einbeziehungsfähig ansah, ließ sich von den Argumenten des Verteidigers nicht überzeugen. So hat der Angeklagte in der Vergangenheit bereits ohne Erfolg Therapien begonnen. Und er habe sich bisher als "labil und unzuverlässig erwiesen", mehrere Bewährungen nicht durchgestanden "und schon Strafen verbüßt - selbst das hat nichts geholfen", sagte der Richter. Es treffe hier nicht jemanden, "der zur falschen Zeit zufällig am falschen Ort war, sondern einen, dessen Leben geprägt ist von Delinquenz und Rückfall". Für eine Bewährung brauche man die Überzeugung, dass der Angeklagte künftig straffrei lebe. "Und die habe ich nicht", so der Richter. Oder wie es der Staatsanwalt ausdrückte: "Wir sind an dem Punkt, an dem es reicht."

© SZ vom 03.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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