Freispruch vor Gericht:Gerade noch rechtzeitig

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Polizei beschlagnahmt Paket mit Drogen - bei der Bestellung waren diese aber vermutlich noch legal

Von Alexander Kappen, Freising

Ob eine Droge eine Droge ist, hängt im rechtlichen Sinne nicht davon ab, wie hoch ihr Wirkstoffgehalt und wie gefährlich sie für die Konsumenten ist. Sogenannte Legal Highs, die in ihrer Wirkung bekannten Substanzen wie Cannabis, Ecstasy oder Amphetamin ähneln und im Internet als Pulver, Tabletten, Kräuter und Kapseln oder auch als "Badesalz", "Raumlufterfrischer" oder "Reiniger" angeboten werden, können legal erworben werden. Zumindest solange, bis sie unter das Betäubungsmittelgesetz gestellt werden. Das kam jetzt einem 31-jährigen, einschlägig vorbestraften Moosburger zugute. Er wurde am Amtsgericht freigesprochen, weil nicht nachzuweisen war, ob die 1,7 Gramm synthetische Cannabinoide, die er übers Internet bezogen hatte, zum Zeitpunkt der Bestellung schon illegal waren.

Der Moosburger hatte den Stoff über die vermeintliche Niederlassung einer niederländischen Firma in Hamburg bestellt. Aufgrund eines Beschlagnahmebeschlusses, der bis zum 31. Dezember 2014 gültig war, wurde das Paket nicht an den Angeklagten ausgeliefert. Offenbar war es bei der Post am 22. Dezember "bearbeitet" worden und über die Weihnachtsfeiertage liegen geblieben. Die Kriminalpolizei holte es wegen krankheitsbedingter Personalengpässe erst am 2. Januar ab.

Zu spät, wie der Verteidiger meinte. Für ihn war "die Beschlagnahmung schlichtweg rechtswidrig, weil der Beschluss nur bis zum 31. Dezember gültig war." Es gelte "der Akt der Beschlagnahmung, deshalb war die Frist abgelaufen. Die Ermittler haben versagt, mein Mandant kann nichts für die Umstände, die dazu geführt haben, dass das Paket verspätet abgeholt wurde". Er beantragte, den geladenen Drogenfahnder der Kriminalpolizei erst gar nicht zu vernehmen. Nach Ansicht der Staatsanwältin sollten "vorliegende oder zu erwartende Postsendungen laut Beschlagnahmebeschluss ausgesondert werden". Und der Zustellungsleiter habe das Paket noch vor Ablauf der Frist aussortiert. "Dieser Zeitpunkt war entscheidend und somit war es rechtmäßig", so die Staatsanwältin: "Dass der Polizist das Paket erst später beim Zustellungsdienst abholen konnte, ist nicht maßgebend."

Richter Manfred Kastlmeier entschied, den Drogenfahnder als Zeugen zu vernehmen. Dieser berichtete, dass das Päckchen eine Kräutermischung mit einem Wirkstoff enthielt, die seit 13. Dezember 2014 unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. Es sei "allgemein bekannt, dass synthetische Cannabinoide saugefährlich und sehr stark sind, aber es dauert halt seine Zeit, bis das Verfahren durch ist und ein Stoff unters Betäubungsmittelgesetz fällt", sagte er.

Ob der Angeklagte, der erst im Sommer 2014 aus dem Gefängnis entlassen worden war und zur Tatzeit unter offener Bewährung stand, die Ware vor oder nach dem 13. Dezember bestellte, war jedoch nicht nachzuweisen. "Wir wissen nur, dass das Paket bei der Post am 22. Dezember ,bearbeitet' worden ist, was immer das heißt", so der Richter. Zudem habe er Zweifel, dass der Angeklagte "Kenntnis davon hatte, dass der Stoff zur Tatzeit die Betäubungsmitteleigenschaft erfüllt, was für einen Vorsatz erforderlich wäre". Er folgte dem Antrag des Verteidigers und sprach den 31-Jährigen frei. Die Staatsanwältin hatte drei Monate ohne Bewährung beantragt.

© SZ vom 26.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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